„Ich habe Rücken“ – die Psychosomatik von Rückenschmerzen

Wir alle kennen Rückenschmerzen. In diesem Beitrag möchte ich erläutern, warum bei Rückenschmerzen psychosomatische Aspekte wichtig sind.

Rückenschmerzen, bzw. Kreuzschmerzen (Schmerzen des unteren Rückens) gehören zu den häufigsten Schmerzen überhaupt. Jeder ist einmal davon betroffen, aber ein Viertel der Beschwerden wird chronisch.* Die direkten Kosten durch Kreuzschmerzen werden mit 8,4 Milliarden Euro pro Jahr angegeben, 85% dieser Kosten entstehen durch Arbeitsausfälle.

Bei der Diagnostik und Behandlung Schmerzen müssen wir zwischen akuten und chronischen Rückenschmerzen unterscheiden. Und bei der Diagnostik von akuten Schmerzen ist auf jeden Fall eine genaue Diagnostik von ernsten zu behandelnden Erkrankungen notwendig. Dabei müssen v.a. Frakturen, Infektionen, Tumore und Nerveneinklemmungen (Radikulopathien, Neuropathien) mit Gefühlsstörungen und Lähmungen ausgeschlossen werden.

Doch schon zu diesem Zeitpunkt sollten Ärzte und Betroffene auf „spezifische Warnhinweise für abwendbare gefährliche Verläufe“ achten (Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerzen 2011*, siehe unter „Infos-Vorträge“ in diesem Blog). Und damit sind schmerzunabhängige Belastungsfaktoren gemeint:

  • nämlich berufliche Belastungen am Arbeitsplatz
  • Depressionen, starke Ängstlichkeit, „Katastrophisieren“, Vermeidungsverhalten, passives Schmerzverhalten

Das heißt: schon im akuten Stadium, schon bei anhaltenden Schmerzen von vier Wochen (trotz regelrechter Diagnostik und Behandlung) sollten soziale und psychische Faktoren, also psychosomatische Aspekte in die Behandlung mit einbezogen werden (siehe Leitlinie*).

Auch zur Diagnostik von akuten Rückenschmerzen gibt die Nationale Versorgungsleitlinie eindeutige Empfehlungen: So sollte auf bildgebende Diagnostik (Röntgen, CT, MRT) ganz verzichtet werden, wenn es keinen medizinischen Anhalt für eine der oben genannten ernsten Erkrankungen gibt. Eine „routinemäßige Bildgebung wird in den entsprechenden Studien übereinstimmend abgelehnt.“ *

Tritt bei subakuten Schmerzen nach 6-wöchiger regelrechter (leitliniengerechter) Therapie keine Besserung ein, wird eine einmalige bildgebende Diagnostik empfohlen. Bei psychischer oder sozialer Belastung sollte nach 12 Wochen nur dann eine Röntgen- oder andere Diagnostik durchgeführt werden, wenn es Anhaltspunkte für eine körperliche Schädigung gibt.

Zur Behandlung von chronischen Kreuzschmerzen werden in den Leitlinien Eckpunkte festgelegt: es sollte eine Aktivierung der Betroffenen angestrebt und möglichst frühzeitig eine multimodale und interdisziplinäre Behandlung eingeleitet werden (Nationale Versorgungsleitlinien, Kapitel 9). Damit ist eine Behandlung gemeint, bei der verschiedene Bausteine auf der Grundlage einer interdisziplinären Untersuchung inhaltlich und zeitlich abgestimmt werden und auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt werden.

In unserer Psychosomatischen Abteilung bei München findet exakt diese Umsetzung der Nationalen Versorgungsleitlinie seit inzwischen sechs Jahren statt: nach eingehender Diagnostik (z.T. durch die ärztlichen Vorbehandler) führen wir eine interdisziplinäre Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen durch und stimmen die Behandlung in täglichen Fallbesprechungen auch mit der Physiotherapie-Abteilung unserer Klinik individuell ab. Mehr Informationen dazu finden Sie auch auf der Seite zur Schmerztherapie in diesem Blog.

Wenn Sie sich weiter über Rückenschmerzen und Psyche informieren wollen, empfehle ich Ihnen folgende Links:

http://www.medizin-im-text.de/blog/2011/452/der-ruecken-und-die-psyche/

http://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/ruecken/symptome/tid-15400/psychosomatik-wenn-die-seele-den-ruecken-quaelt_aid_432388.html

http://web.de/magazine/gesundheit/psychologie/14892884-rueckenschmerzen-psyche.html