Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz und Burn out

„Gesund im Beruf“ titelt die SZ drei Sonderseiten am 16. Mai 2013 und erstaunlicherweise geht es in erster Linie um Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz: um einen „Schutzschild gegen Stress“, um Resilienz (Widerstandskraft), die Frage: „macht Arbeit krank?“ und ein eLearning Projekt zur Stärkung psychischer Gesundheit in der Arbeitswelt, was vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert wird (psyga.info). Es wird betont, dass auch Führungskräfte Unterstützung brauchen und der Mitarbeiter auch für die Betriebsräte im Mitttelpunkt steht.

Hier sollen nur die wichtigsten Zahlen berichtet werden:

  • Psychische Erkrankungen sind die Ursache für 13,2 % der Krankheitstage (BKK-Gesundheitsreport 2012). Damit liegen psychische Erkrankungen erstmals nach Muskel- und Skelett-Erkrankungen (spezielle Rückenleiden, die m.E. oft auch psychisch bedingt sind) und Atemwegserkrankungen an dritter Stelle der Fehlzeiten in Unternehmen.
  • 38 % der Frühberentungen erfolgen wegen psychischer Erkrankungen
  • die Kosten für Unternehmen wegen psychischer Erkrankungen bewegen sich im zweistelligen Milliardenbereich
  • in der Europäischen Union sind 160 Millionen Menschen von psychischen Erkrankungen betroffen, das sind, so Dr. Breucker vom BKK-Bundesverband, etwa ein Drittel der Bevölkerung
  • Stress kann auch Anlass für Herzinfarkt, Diabetes und Rückenerkrankungen sein.

Bei den Angaben über die Ursachen für diese erschreckenden Zahlen bleiben die Artikel auf diesen Sonderseiten relativ wage.

  • Es werden selbst bei dem europaweiten Projekt der BKK keine Angaben über die Auswirkungen der Euro- oder Finanzkrise gemacht
  • im Artikel über die Rolle der Betriebsräte werden die gesellschaftlichen Gründe wie Niedriglohn, Befristungen, Mini-Jobs, Leiharbeit und betriebliche Gründe wie schlechte Arbeitsbedingungen und unkluges Führungsverhalten genannt
  • im Interview mit dem Psychologen Dr. Reuter werden individuelle Faktoren wie mangelnde Belastbarkeit wegen psychischer Anfälligkeit oder emotionaler Probleme beschrieben, die anfälliger auf Belastungen in der Arbeit machen. In diesem Artikel wird auch die Resilienz beschrieben. Damit wird die psychische Widerstandskraft gegen Stress und psychische Erkrankungen beschrieben, die sich trainieren lässt.

Bei den Maßnahmen werden genannt:

  • in Betrieben Wiedereingliederungsmaßnahmen nach Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen und betriebliche Maßnahmen bei Arbeitsorganisation und Arbeitsplatzgestaltung,
  • beim eLearning Projekt wird auf die Unternehmenskultur Wert gelegt und Führungskräfte darin geschult, einen respektorientierten Führungsstil zu lernen.
  • Resilienz-Training zur Stärkung der Widerstandskraft gegen psychische Erkrankungen

Aber lesen Sie selbst (Gesund im Beruf, SZ Sonderseiten der Markt1 Verlagsgesellschaft, 16.5.13): Wenn man genau liest, sind die wichtigsten Aspekte zu psychischer Gesundheit erwähnt. Trotzdem fällt auf, dass diese ganze Sonderbeilage ohne Stellungnahme von ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten und Psychiatern auskommt. Der einzige Psychologe, der zu Worte kommt, ist ein Neurowissenschaftler, der über den Zusammenhang zwischen Genetik, Hormonen und psychischer Belastung und seinen Forschungsarbeiten berichtet.

Und auch wenn es stimmt, dass Stress, psychische Erkrankungen und Burn out immer dann entstehen, wenn gesellschaftliche Rahmenbedingungen, innerbetriebliche und individuelle Faktoren zusammenkommen, kommen sowohl die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen als auch die individuellen Belastungsfaktoren zu kurz.

Was führt Menschen dazu, sich im Beruf über die eigenen Belastungsgrenzen zu engagieren? Was sind die Ursachen dafür, dass in vielen sozialen Berufen, die Arbeitnehmer körperlich und psychisch erkranken und aus dem Beruf ausscheiden? Warum wundern wir uns, wenn Menschen erkranken, die immer häufiger in prekären Arbeitsverhältnissen arbeiten? Wie ist unser gesellschaftlicher Umgang mit Mini-Jobs? Wundern wir uns wirklich, wenn alleinerziehende Frauen psychisch erkranken, wenn sie die Mehrfachbelastungen ohne entsprechende Angebote an Krippen- und Kindergartenplätzen nicht mehr aushalten?

Wegen all dieser zunehmenden Probleme und der wachsenden Gefährdung der Psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz ist eine qualifizierte, wohnortnahe Behandlung mit kurzen Wartezeiten, wie in unserer psychosomatischen Akutklinik bei München immer notwendiger.