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Chronische Rückenschmerzen

85% der Menschen haben irgendwann in ihrem Leben Rückenschmerzen und  Rückenschmerzen sind die häufigste Ursache für Krankschreibungen in Deutschland. Die meisten der Beschwerden gehen auf das Konto akuter Erkrankungen. Sie verschwinden je nach Ursache mit und ohne Therapien.

Aber jeder zehnte der Betroffenen, das sind 6,8 Millionen Menschen, leiden dauerhaft unter Chronischen Rückenschmerzen. Aber die Behandlung dieser Patienten ist unzureichend und entspricht nicht den neusten Erkenntnissen.

Schon im August 201 3 haben wir in diesem Blog  einen Beitrag über Psychosomatik von Rückenschmerzen gepostet. Hier haben wir auch auf Untersuchungen und Empfehlungen zur Behandlung hingewiesen, und aus der  Nationalen Versorgungsleitlinie zur Behandlung von Chronischen Kreuzschmerzen aus dem Jahre 2010 zitiert. (Diese Leitlinie können Sie unter Infos-Vorträge in diesem Blog nachlesen).

In dieser Versorgungsleitlinie haben zahlreichen Experten alle Untersuchungen zur Wirksamkeit von Behandlungen zusammengestellt. Erschreckend daran ist, dass sich  die Experten einig waren, dass:

1. Injektionen von Schmerzmitteln, Kortison und Lokalanästhetika und Elektrotherapie zur Behandlung von Chronischen Rückenschmerzen nicht zu empfehlen sind,

2. nach 12 Wochen ohne Besserung weitere Untersuchungen zu den Ursachen notwendig sind und „interdisziplinäre Behandlungen“ eingeleitet werden sollten.

Doch das bekommen die wenigsten Patienten.

Stattdessen steigen die Zahlen der Bandscheiben-Operationen kontinuierlich. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, InEK, hat Zahlen vorgelegt, die belegen, dass die Zahl der Bandscheiben-OPs zwischen 2005 und 2011 um 43 % gestiegen sind. Die Zahl der Wirbelsäulen-Versteifungen hat sich im gleichen Zeitraum verdreifacht, die Anzahl von Injektionen bei stationären Behandlungen von „unspezifischen Rückenschmerzen“ um 57 %.

Und Patienten werden nach einem Bericht in der SZ vom 16.4.14 (Nr. 89, S.16) oft zu Operationen mit unrealistischen Erwartungen, z.T. sogar mit Drohungen gedrängt. („85% Schmerzfreiheit“, „Sonst sitzen Sie im Rollstuhl“). Auch nicht belegte, unwissenschaftliche Begründungen, wie „Mikroinstabilität der Wirbelsäule“ würden oft zur Begründung für Operationen herangezogen.

All diese Begründungen sind nicht haltbar. Diese Behandlungen helfen bei „unspezifischen Rückenschmerzen“ nicht (Nationale Versorgungsleitlinie, 2010).

Die Autoren des Artikels und Dr. Arnold, Chefarzt der Abteilung für Schmerztherapie in der Klinik  Dachau, fassen zusammen:

„Es wird nicht gemacht, was für den Patienten nachweislich am besten wäre, sondern was am besten bezahlt wird“.

Und das Robert-Koch-Institut hat 2012 belegt, dass die Leitlinie von 2010 keinen relevanten Einfluss auf die Behandlungen in Deutschland gehabt hat und nach wie vor nur jeder 10. Patient mit chronischen und unspezifischen Rückenschmerzen eine interdisziplinäre, multimodale Behandlung bekommt.

Beklagt wird auch. dass die Ärzte die langfristige Wirksamkeit ihrer Behandlungen viel zu wenig untersuchen.