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Besserung der psychischen Gesundheit nach Beendigung des Rauchens

Eine wissenschaftliche Studie, die in diesem Monat im British Medical Journal veröffentlicht wurde (13.2.2014), macht neugierig. Der Titel: „Veränderung der Psychischen Gesundheit nach dem Beendigung des Zigarettenkonsums“ (BMJ 2014;348:g1151).

Die Ergebnisse von 26 Studien zeigen, dass Depressionen, Ängste und Stress durch das Beendigen des Rauchens reduziert waren und die positive Stimmung und die Lebensqualität deutlich (statistisch signifikant) zunahmen. Die Effekte waren bei psychisch Gesunden und psychisch Kranken gleich und genau so groß oder stärker als die Effekte von Medikamenten (Antidepressiva).

Woran kann das liegen?

Die Autoren selbst diskutieren drei Möglichkeiten:

  1. Die Beendigung vom Rauchen hat positive Effekte auf die psychische Gesundheit (auch z.B. durch biologische Mechanismen) ?
  2. Verbesserung der psychischen Gesundheit führt zur Beendigung des Rauchens?
  3. Ein allgemeiner Faktor erklärt sowohl die Beendigung des Rauchens als auch die Verbesserung der psychischen Gesundheit?

Für Ärzte und Therapeuten ergeben sich zusätzliche Fragen: Ist es vielleicht falsch, immer wieder soviel Verständnis für Patienten in Krisen zu haben, die rauchen? Ist es falsch, wenn wir denken, dass das Rauchen nur ein Symptom von psychischen Problemen ist und zur Entlastung und Abwehr dient, die immer wieder notwendig ist ?

Man kann die sehr umfassende, wissenschaftliche Studie kritisieren: (nur eine randomisierte Studie, es wurde nicht unterschieden, wer von den Patienten Medikamente bekam und wer nicht, es wurde nicht nach Behandlungen oder stationären Aufenthalten differenziert usw.). Trotzdem sollten wir uns über die Konsequenzen Gedanken machen.

Was bedeuten diese Ergebnisse für Ärzte und Psychotherapeuten?

Wir sollten das Rauchen mehr in den Fokus der Therapien nehmen (auch außerhalb von Raucher-Entwöhungsprogrammen). Denn oft haben Kliniker „Barrieren“, bei Rauchern mit psychischen Problemen zu „intervenieren“, wie die Autoren betonen. Dann können wir gemeinsam mit den Patienten klären, welche bewusste und auch unbewusste Funktion das Rauchen für den Einzelnen hat.

Unabhängig davon sollten wir als Therapeuten Patienten viel aktiver motivieren, das Rauchen aufzugeben.

Anhang

Zur Qualität der Studie: es handelt sich um ein systematisches Review und Metaanalyse von 26 Studien. Nur eine Studie war eine randomisierte Untersuchung. Ein- und Ausschlusskriterien wurden benannt, die Erkrankungen wurden mit gängigen Fragebögen diagnostiziert und im Schnitt 12 Monate nachuntersucht, es wurden statistische Standardinstrumente verwandt, Publikations-Bias (In 7 Studien waren Patienten in Psychotherapie. Bei Ausschluss dieser Patienten änderten sich die Ergebnisse nicht).

 

 

Psychische Erkrankungen – Es lohnt sich, genauer hinzuschauen

Alle zur Verfügung stehenden Studien und Erhebungen der letzten Jahre zeigen eine Zunahme psychischer Erkrankungen. Doch es lohnt sich, zwischen akuten und chronischen psychischen Erkrankungen zu unterscheiden (s.u.)

Besonders aufschlussreich sind die Zahlen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes, die das Robert-Koch-Institut im Auftrag der Bundesregierung erhebt: Die Zahlen über die Arbeitsunfähigkeits-Tage pro Jahr belegen eindeutig eine Zunahme psychischer Erkrankungen.

So stieg der Anteil von depressiven Erkrankungen in Deutschland in den Jahren 2002 bis 2008 vom 5. Rang aller Krankschreibungen mit 3,7 Millionen AU Tagen auf den 3. Rang (exakt: 3.711.674). Der Anteil von „Reaktionen auf schwere Belastungen“ (F43) vom 18. auf den 11. Rang. Die Statistik wird in den ganzen Jahren von „Rückenschmerzen“ angeführt, die die Liste mit 14,2 Millionen Krankheitstagen anführt. Weitere Psychische Erkrankungen, wie Ängste (Rang 41) und Schmerzen ohne organische Ursachen (Rang 31) folgen.

Rückenschmerzen führen diese Statistik bei beiden Geschlechtern mit 14,2 Millionen Krankschreibungen seit Jahren an. Das sich unter diesen Krankschreibungen viele Verspannungen und Rückenleiden wegen psychischer Belastungen verbergen, wissen viele Ärzte, lässt sich aber an dieser Statistik nicht belegen.

Interessant ist auch die Unterscheidung nach Geschlechtern: Bei Frauen liegen Depressionen in der Häufigkeit auch auf Rang 3, die Reaktionen auf schwere Belastungen sind jedoch bei Frauen von Rang 7 auf Rang 5 angestiegen. Andere psychische („neurotische“) Störungen liegen auf Rang 18, wiederholte depressive Episoden auf Rang 19.

Bei Männern steigt der Anteil psychischer Erkrankungen auch, sie sind aber insgesamt nicht so häufig die Ursache für Arbeitsunfähigkeiten. Allerdings liegen durch Alkohol bedingte Erkrankungen bei Männern an 15. Stelle !!

Warum beschreibe ich an dieser Stelle die Statistik so im Detail ? Weil sich auch an diesen Zahlen zeigen lässt, was andere Untersuchungen ebenfalls zeigen: stressbedingte Erkrankungen, Burnout und akute psychische Erkrankungen durch Belastungen nehmen mehr zu als chronische psychische Erkrankungen. Das belegt auch die Studie über „Chronischen Stress bei Erwachsenen in Deutschland, Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS1), ebenfalls vom Robert-Koch-Institut (Bundesgesundheitsblatt 2013, 56, 749-754), aus der wir in diesem Blog schon zitiert haben.

Und Behandlung dieser Erkrankungen sind die Kernkompetenz Psychosomatischer Kliniken, wie unserer Psychosomatik bei München.

Die Zahlen belegen aber auch, dass die Häufigkeit chronischer psychischer Erkrankungen wie Schizophrenien oder chronischer Psychosen nicht steigen. Deshalb sind Artikel, wie schon im November 2013 und auch in dieser Woche in der ZEIT (Nr.4, 16.1.14, S. 31), irreführend und falsch. Es geht bei der Behandlung von akuten, stressbedingten Erkrankungen um intensive Psychotherapie zur Wiederherstellung von Arbeitsfähigkeit und Lebensfreude und nicht darum: „Ihnen mehr zuzutrauen“ oder um „Verwahrung in Behindertenwerkstätten“, wie im Artikel ausgeführt.

Das ist irreführend, stigmatisiert und schreckt Betroffene davor ab, sich notwendige, akute Hilfe zu holen.

Ayurveda und Psychische Gesundheit

In diesem Jahr sind Freunde von mir zu einer Ayurveda Behandlung in Deutschland und in Indien gefahren.

Und mir stellt sich die Frage: Was macht Ayurvedische Medizin für so viele Menschen interessant und kann Ayurveda Psychische Erkrankungen heilen?

Ayurveda ist mehr als eine alternative Medizin, sondern eingebunden in eine mehr als 3000 Jahre alte indische Philosophie, Menschheitslehre und Heilkunde, die einen sehr umfassenen Gesundheitsbegriff geprägt hat.

V.a. der ganzheitliche (holistische) Ansatz, das breite Therapiespektrum, bei dem körperliche, psychische Aspekte, die Ernährung, Lebenshygiene, eine sehr differenzierte  Planzenheilkunde mit über 500 „Heilpflanzen“ machen Ayurveda und die traditionelle ayurvedische Medizin für viele Menschen interessant.

Das Yoga zu Ayurveda dazugehört, erhöht seinen Reiz noch zusätzlich.

Der umfassende Ansatz wird schon im alten ayurvedischen Textbuch aus dem 6. Jahrhundert vor  Christus deutlich: „Der Mensch wird gesund genannt, dessen Körper, Stoffwechsel und Verdauung normal und ausgewogen funktionieren und dessen Sinne, Geist und Seele sich im Zustand äusserer Harmonie und inneren Glücks befinden.“ (Zitiert nach Ruscher, 2001).

Das klingt wie der Gesundheitsbegriff der WHO, die Gesundheit als Zustand körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens definiert hat.

Dieser umfassende Begriff  von menschlicher Gesundheit ist der „westlichen“ Medizin, der Medizin in den industrialisierten Ländern verloren gegangen. Hier werden v.a. körperliche Akutkrankheiten behandelt und der Mensch und seine Lebensumstände und Konflikte  vergessen. Das ist sicher einer der wichtigsten Gründe dafür, dass sich Menschen den alternativen, Jahrhunderte alten Heilmethoden zuwenden

Eine sehr empfehlenswerte Beschreibung lieferte 2001 Dr. Ruscher unter dem Titel “ Auftrag zum Heilen im Osten und Vermarktung im Westen.“

Hier, wie an vielen anderen Stellen wird deutlich, dass sich die Ayurvedische Medizin, die in Indien bis heute die wichtigste Versorgung für die Menschen darstellt, die keinen Zugang zu westlicher Medizin haben, im Westen oft sinnentleert vermarktet und zu Wellness-Zwecken verwandt wird.

Problematisch wird die Diskussion um die ayurvedische Medizin, wenn der Ansatz der evidenzbasierten Medizin an ein Gesundheitssystem angelegt wird, Dias viel zu komplex ist, um sich auf den nachgewiesenen, wissenschaftlichen Nutzen reduzieren zu lassen.

So wurde der ayurvedischen Medizin von der Stiftung Warentest jeder Nachweis einer Wirksamkeit abgesprochen, was zu heftigen Debatten auch im Netz bis zu juristischen Auseinandersetzungen geführt hat.

Dabei wurde nicht an Polemik gespart: von „Wellness-Jüngern“ und „Heiligen“ ist die Rede.

Doch das wird denjenigen, die Ayurveda nicht nur zur Wellness und für einen schönen Urlaub verwenden, sondern Antworten auf drängende Fragen suchen oder zur Behandlung von Krankheiten nach Ayurveda schauen, nicht gerecht.

Aus Psychosomatischer Sicht erscheint es wichtig, die richtige und optimale Behandlung für individuelle Krankheiten und Probleme zu finden Und dabei natürlich den „ganzen Menschen“ mit seinen körperlichen, psychischen und sozialen Problemen und Konflikten zu betrachten.

Dieser Ansatz ist dem der ayurvedischen Medizin, wie beschrieben, ähnlich.

Und dabei sollte jeder Mensch natürlich nach ausführlicher Information selbst entscheiden, welche Unterstützung und Behandlung er/sie sucht.

Aber wenn es nachgewiesene, erfolgreiche Behandlungen für bestimmte Erkrankungen gibt, sollten Menschen darüber informiert werden. Damit sie sich nicht aus weltanschaulichen Gründen für eine Behandlung entscheiden, die sie überzeugt, für die aber der spezielle Nutzen für die entsprechende Krankheit nicht nachgewiesen worden ist.

Denn wenn einer Erkrankung ein spezifischer Konflikt zugrunde liegt, kann in der Regel nur Psychotherapie und Psychosomatik helfen, mit diesen Konflikten besser zurecht zu kommen.

Ich denke dabei z.B. an Konflikte am Arbeitsplatz, die zu einem Burnout führen, oder an Trennungen, die zu Depressionen führen, usw.

Und mit dem Versuch, die verschiedenen Sprachen unter einen Hut zu bringen: um die drei Doshas (Vata, Pitta und Kapha) wieder in das biologische Gleichgewicht zu bringen, hilft in solchen Fällen Psychotherapie besser als ayurvedische Massnahmen.

Diese Informationen hatte z.B. eine ehemalige Patientin von mir offensichtlich nicht, als sie sich zur Behandlung ihrer Bulimie in einer Ayurvedischen Klinik in Indien entschied. Bei der Untersuchung wurde nämlich deutlich, dass der Erkrankung massive familiäre Konflikte und, nach zahlreichen Traumatisierungen, eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung zu Grunde lagen.

D.h. aber auch, dass die Behandlung einer Depression, von Burnout oder anderen Psychischen Erkrankungen mit Ayurveda, für die im Ayurveda-Portal geworben wird, ohne exakte Untersuchung und Diagnostik nicht dem Stand des medizinischen Wissens und den Standards der aktuellen Nationalen Versorgungsleitlinien entspricht.

D.h. für Patienten mit diesen Erkrankungen, dass sie zusätzlich zur Ayurvedischen Diagnostik eine medizinisch/psychotherapeutische Diagnostik in Anspruch nehmen sollten, bevor sie sich für eine Behandlung entscheiden.

Psychisch Gesund durch Sport bis ins Alter

Nur 34,7 % der Menschen in Deutschland treiben regelmässig Sport, wie neuere Untersuchungen belegen (Statistika, 2013). Und diese Zahl nimmt mit zunehmendem Alter noch ab.

Dabei ist nachgewiesen, dass regelmässiger Sport  gesund hält.

Zwei neuere  Untersuchungen wiesen zudem nach, dass Sport auch bei Depressionen hilft:

Eine methodisch sehr gute, systematische Übersichtsarbeit der Cochrane Collaboration bestätigt einen moderaten Effekt von körperlichem Training bei Depressionen (Cochrane Database of Systematic Reviews, Bd. 8, 2013). 2326 Teilnehmer in 35 Wissenschaftlichen Arbeiten wurden untersucht.

Die Effekte waren ähnlich stark wie die von Medikamenten und Therapien.

In einer zweiten Arbeit wurden 3450 Teilnehmer mit einem Durchschnittsalter von 64 Jahren 8 Jahre lang begleitet und untersucht. Auch in dieser Arbeit wurden positive Effekte mit weniger Erkrankungen und Depressionen bestätigt.

Der besondere Charme der zweiten Untersuchung liegt daran, dass auch Menschen, die erst spät mit körperlichem Training anfangen, oder wieder anfangen, von diesen Vorteilen profitieren.

Deshalb kombinieren wir bei unserer stationären und tagesklinischen Behandlung in unserer Psychosomatischen Abteilung bei München auch schon lange intensive Psychotherapie, mit Sport und körperlicher Aktivierung.

Viele der Patienten bestätigen und, dass sie z.T. erstmals seit Jahren wieder Sport treiben und sich stärker, aktiver, antriebsstärker und kraftvoller fühlen.

Psychische Gesundheit und Vorbelastungen

In dieser Woche wurde eine Studie der Technischen Universität Dresden zu den Risikofaktoren für psychische Störungen bei Soldaten veröffentlicht. Diese Studie ist deshalb interessant, weil sie zeigt, dass es nicht reicht, nur akute Symptome zu untersuchen und zu behandeln.

Das hatten wir auch schon in einem Blog-Beitrag im Juli beschrieben: „Burnout und Narzissmus- Warum es nicht reicht, nur die Symptome zu behandeln“.

Die Studie von Wittchen, dem Leiter des Instituts für klinische Psychologie an der TU Dresden, ist ein gutes Beispiel dafür, dass nicht alle Menschen gleich stark auf die gleichen Belastungen reagieren. Die Studie mit 2500 Bundeswehrsoldaten belegt, dass jeder fünfte Soldat schon mit einer psychischen „Störung“ in den Auslandseinsatz geht. Dabei handelte es sich unter anderem um nicht erkannte oder nicht behandelte Depressionen, Angsterkrankungen und Alkoholprobleme. Die belastete Gruppe unter den Soldaten hatte ein erhöhtes Risiko, durch den Auslandseinsatz an einer Posttraumatischen Belastungsstörung, PTBS, zu erkranken.

Wittchen betont im Interview mit der SZ den herausragenden Stellenwert, den psychische Vorerkrankungen für die Frage haben, ob Soldaten durch den Einsatz psychisch geschädigt werden.

Und aus der Sicht des aufmerksamen Lesers ist erschreckend, dass diese psychische Vor-Belastung nicht erkannt oder diagnostiziert wurde.

Noch schlimmer ist, dass die Posttraumatischen Belastungsstörung, PTBS, bei keinem der Soldaten erkannt oder behandelt worden war.

Aus therapeutischer Sicht wird durch diese Untersuchung noch einmal klar, dass unser aller Reaktion auf schwere und schwerste Belastungen davon abhängt, wie unsere Widerstandskraft oder Resilienz is – anders ausgedrückt – wie wir gelernt haben, mit psychischen Belastungen umzugehen.

Vereinfacht gesagt: Menschen, die schon immer ängstlich waren und wenig gelernt haben, mit Ängsten umzugehen, reagieren natürlich in einer angstauslösenden Situation mit vermehrter Angst und Angsterkrankungen. Sie haben – so die Sprache der Studie – eine psychische Vorbelastung oder psychische Vorerkrankung, die ihr Risiko erhöht, eine psychische Erkrankung zu bekommen. Das gilt genauso für Selbstwertprobleme und Narzisstische Krisen, für Depressionen und Suchterkrankungen.

Deshalb haben wir geschrieben, dass es nicht reicht, nur die Symptome zu behandeln, sondern dass es dringend notwendig ist, nach den psychischen Ursachen, die großteils unbewusst sind, zu suchen.

Das ist damit gemeint, wenn wir von einer psychoanalytisch begründeten Therapie sprechen.