Chronischer Stress macht krank !

11% der 18 bis 64-Jährigen in Deutschland erleben chronischen Stress. Frauen geben mit 13,9% häufiger eine überdurchschnittliche Belastung an als Männer mit 8,2%.“ das beschreibt das Robert-Koch-Institut auf seiner Website unter der Überschrift: Zahl des Monats !

Vor kurzem hatten wir über Beiträge der AZ und TKK zu Stress berichtet. Heute wollen wir ausführlicher über Chronischen Stress, die Auswirkung auf die psychische Gesundheit und die Möglichkeiten und den Nutzen von Behandlungen schreiben.

In der Arbeit des Robert-Koch-Instituts heisst es: akuter Stress ist eine normale Reaktion auf verschiedene Reize und Belastungen. „Chronischer Stress hat jedoch Effekte auf den Stoffwechsel, das Immun- und Herz-Kreislaufsystem und beeinträchtigt die Schlafregulierung, Lern-, Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsprozesse. Stress scheint auch ein Faktor beim Entstehen und Fortschreiten von psychischen Auffälligkeiten und Störungen zu sein.“ (ebenda)

Umfangreiche Analysen belegen, dass Psychosozialer Dauerstress hohe Risiken für stressbedingte chronische Veränderungen mit sich bringt, die mit Blick auf das Immunsystem wie vorzeitige Alterungsprozesse wirken.

Eine Studie über zehn Jahre an 5793 Menschen konnte nachweisen, dass chronischer Stress zu vermehrten Schlafstörungen, Depressionen und Symptomen eines Burnout-Syndroms führt. Mehr als jeder zweite Erwachsene mit aktueller depressiver Symptomatik fühlt sich durch chronischen Stress stark belastet (53,7%).

Dabei ist eine starke Belastung besonders häufig, wenn es nur geringe soziale Unterstützung gibt.

Diese Symptome und Erkrankungen nehmen mit steigender Stressbelastung zu, wie folgende Graphik zeigt.

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Psychoanalytische Therapien brauchen Zeit, wirken aber umso nachhaltiger

Unter dieser Überschrift fasst eine Pressemitteilung von einem Kongress in Wien aktuelle Forschungsergebnisse zusammen. Diese Ergebnisse sind so interessant auch für unsere eigene Arbeit, dass ich sie hier kurz zusammenfassen will:

Studien der Universität Wien haben nachgewiesen, dass psychoanalytische Therapien zwar mehr Zeit benötigen als Kurztherapien, die Effekte aber umso nachhaltiger sind. Das fasst Prof. Doering, Leiter der Universitätsklinik der MedUni Wien anlässlich des Welt-Kongresses der Psychiatrie, der vom 27. bis 30. Oktober in Wien stattfindet, zusammen.

„Die hohe Wirksamkeit der psychoanalytischen Psychotherapie ist heute durch zahlreiche Studien untermauert“ betont Doering. „Bei leichteren und akuten Störungen sind kürzere Therapien ausreichend, bei schweren Störungen braucht es aber längere Therapien, wie z.B. die Psychoanalyse“.

In einer Studie zur Wirksamkeit der Psychoanalyse wurde in einer Studie aus München nachgewiesen, dass 83 % der Patientinnen mit einer Depression drei Jahre nach Ende der Psychoanalyse keine depressiven Symptome mehr nachweisen, also geheilt sind.

In Innsbruck wurden in einer Studie von A. Buchheim Änderungen der Hirnfunktion nachgewiesen. So normalisierte sich nach Psychoanalysen auch die Hirnfunktion ähnlich stark wie durch Medikamente. Über die Nachhaltigkeit dieser Veränderungen gibt es allerdings noch keine Ergebnisse.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch eine Langzeituntersuchung von Herzog und Zipfel, die vor wenigen Wochen in der Fachzeitschrift Lancet veröffentlicht wurde. In der bisher weltweit größten Studie zur Behandlung von erwachsenen Frauen mit einer Magersucht wurden 242 Frauen an 10 deutschen Klinken über 22 Monate wissenschaftlich begleitetet. Der positiven Effekte einer modifizierten psychoanalytischen Therapie (fokale psychodynamische Psychotherapie) im Vergleich zu aanderen Therapien waren beeindruckend. „Die Patientinnen dieser Gruppe hatten auch ein Jahr nach der Behandlung die günstigsten Gesamtheilungsraten“ fassen die Autoren zusammen. Und auch die Abbruchrate waren bei dieser Behandlung  nur halb so groß. (Mehr zu dieser Studie zu Essstörungen finden Sie an anderer Stelle in diesem Blog).

In der Pressemitteilung des Kongresses in Wien werden die die Ergebnisse dieser Studien wie folgt zusammengefasst: „Während kürzere Psychotherapien gut geeignet sind, die Symptome zu reduzieren, zielt die psychoanalytische Therapie auch auf die Veränderung der Persönlichkeit ab. Das führt z.B. bei Borderline Persönlichkeitsstörungen zu einer verbesserten Impulskontrolle und Affektsteuerung. Das hilft den Betroffenen auch in den zwischenmenschlichen Beziehungen.“(siehe weitere Informationen zu Borderline Störungen in diesem Blog).

Alle diese Ergebnisse sehen wir als Bestätigung unserer psychoanalytisch begründeten Behandlung in unserer Psychosomatischen Abteilung bei München. Diese Studien zeigen aber auch, wie wichtig gute ambulante Weiterbehandlungen für Patientinnen und Patienten mit schwereren psychischen Problemen und Erkrankungen sind.

 

Männergesundheit – Leiden Männer anders ?

Woher kommen Geschlechtsunterschiede bei Diagnosen? Das ist eine Fragestellung bei der Woche für Seelische Gesundheit u.a. in München und einer neuen Studie des Robert Koch-Instituts in Berlin. Bei der Veranstaltung heißt es etwas vereinfacht, seelische Erkrankungen  bei Männern blieben oft unerkannt, sie seien aber genauso häufig wie bei Frauen. Doch ist das wirklich so?

Zahlen des Robert Koch-Instituts aus den Jahren 2008 bis 2011 belegen, dass 8,1 % der Frauen und 3,8 % der Männer innerhalb eines Jahres neu an einer Depression erkranken (12-Monats-Prävalenz). Wie in allen anderen, auch internationalen Studien der letzten Jahre sind Frauen ungefähr doppelt so häufig von einer Depression betroffen, oder besser: von einer Depressions-Diagnose betroffen.

Die folgende Tabelle zeigt, dass Frauen in allen Altersgruppen häufiger betroffen sind,dass die Häufigkeit im Alter zunimmt und v. a. Männer im Osten mehr als im Westen Deutschlands betroffen sind:

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In der Studie werden ausführlich die möglichen Ursachen diskutiert: Gibt es wirklich boiologische Unterschiede, sind die Unterschiede künstlich (also Artefakte) oder haben sie mit der wirtschaftlichen oder psychosozialen Lage von vielen Frauen zu tun?

Frauen erhalten häufiger die Diagnose Depression als Männer

Interessant bei diesen Ergebnissen ist die Frage, warum eine Diagnose bei Frauen häufiger diagnostiziert wird? Und welche Erkrankungen werden stattdessen bei Männern diagnostiziert ?

Die Studie des Robert Koch-Instituts stellt dazu einige interessante Hypothesen (Vermutungen) auf: Könnte es sein, dass bei Männern andere Symptome auftreten, die evt. nicht zur Diagnose einer Depression führen? In einer Studie wurde z. B. festgestellt, dass bei Männern häufig „innere Unruhe“, „Irritabilität“ und „Aggressivität“ und „antisoziales Verhalten“ diagnostiziert wird (Möller-Leimkühler, 2004).

Ich würde noch weiter gehen: Meine eigenen Erfahrungen aus über mehr als dreißig Jahren Tätigkeit als Arzt und Therapeut zeigen immer wieder, dass bei Männern häufiger über viele Jahre unspezifische körperliche Beschwerden, wie Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, Rückenschmerzen, Herzbeschwerden diagnostiziert werden.

Das liegt sicher an vielen Ursachen. Vielleicht aber auch daran, dass es für Männer immer noch ungemein schwieriger ist, sich einzugestehen, dass sie mit einer Situation überfordert sind und daran möglicherweise psychisch erkrankt sind. Das passt so gar nicht in die Vorstellung von Männlichkeit  in unserer Gesellschaft.

Interessant wäre auch eine Untersuchung, ob Ärzte bei Männern häufiger ein Burn Out diagnostizieren und bei Frauen häufiger eine Depression. Das hätte auch etwas mit den Diagnose-Stellung der Ärzte zu tun, die zu zwei Dritteln männlich sind (Im Jahre 2012 waren 84.912 ambulante Ärzte Männer und  59.148 ambulante Ärztinnen tätig, Gesundheitsberichterstattung des Bundes, online)

Vorsicht mit Medikamenten im Alter !

„Man weiss nie was passiert, wenn sich Zwei zusammen tun.“ Mit diesem Slogan haben die Apotheken geworben. Mit diesem flotten Spruch wollen die Apotheken auf problematische Wechselwirkung zwischen Medikamenten aufmerksam machen. An dieser Stelle möchte ich einige Informationen zu diesem wichtigen Thema geben.

Über 90% der Menschen über 60 Jahre nehmen täglich Medikamente ein, im Mittel 2 bis 3 verschiedene Arzneimittel pro Tag. Bei über 80 Jährigen sind es schon 4 bis 5 Arzneimittel oder mehr*. Zu den verordneten Medikamenten kommen noch diejenigen, die Menschen spontan und ohne Rücksprache mit dem Arzt einnehmen. Dabei handelt es sich v.a. um Schmerz- und Beruhigungsmittel*.

Die folgenden Informationen beziehen sich u.a. auf die sehr informative Broschüre des Bundesministeriums für Forschung, die Sie auch im Informationsteil dieses Blogs finden (BMBF: Medikamente im Alter: Welche Wirkstoffe sind ungeeignet?*„)

Was bringt mich als Arzt für Psychosomatische Medizin zu den Nebenwirkungen und Wechselwirkungen von Arzneimitteln?

Das hat schon früh begonnen. Meine eigene Doktorarbeit in den 80er Jahren handelte von diesem Thema. An der LMU haben wir damals mehr als 500 Menschen untersucht, die   dauerhaft Herz- und Kreislaufmittel einnahmen (Digitalispräparate), die sie schon lange nicht mehr brauchten.

Und das ist nicht ungefährlich, weil diese Medikamente über die Niere abgebaut werden. jeder kann sich vorstellen, dass der Abbau der Herzmedikamente verzögert ist, wenn die Nierenleistung nachlässt. Dann kann es zu Überdosierungen und Komplikationen kommen. (Herzrhythmusstörungen, Schwindel, Stürzen, Übelkeit, Erbrechen…). Interessanterweise stehen die Medikamente,die wir damals im Zusammenhang mit der Doktorarbeit abgesetzt haben, heute auf der unten genannten PRISCUS-Liste.

Und als Abteilung für Psychosomatik bei München mit einem Behandlungsschwerpunkt für „Gesundheit im Alter – 55plus“ haben wir täglich mit Medikamenten zu tun, die auf der Liste der meist verordneten Medikamente für ältere Menschen stehen: den Psychopharmaka. Denn zu den häufigsten Medikamenten unter den Arzneimittel im Alter gehören:

  1.  Medikamente gegen Herz-Kreislauferkrankungen
  2. Medikamente gegen Hormon- und Stoffwechselerkrankungen  (Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen und „Fettsenker“)
  3. Medikamente gegen Schmerzen (Paracetamol, Ibubruphen, Opiate)
  4. Medikamente gegen psychische Symptome (Medikamente gegen Schlaflosigkeit, Depressionen, Unruhe, Gedächtnisstörungen oder Erregungszustände, s.u.) 

Doch erstaunlicherweise gibt es wenige Untersuchungen zu Medikamentenwirkungen im Alter, zu Wechselwirkungen, zum verändertem Stoffwechsel im Alter, zu nachlassender Nieren- und Leberfunktion und zu den Unterschieden in der Wirksamkeit zwischen Männern und Frauen.

Und was sind typische Nebenwirkungen von Medikamenten im Alter ?

Die wenigsten Menschen denken bei folgenden Symptomen an Nebenwirkungen von Medikamenten:

  • Schwindel oder Benommenheit
  • Verwirrung, Sturz
  • trockener Mund, Übelkeit
  • Bauchschmerzen, Verstopfung
  • Probleme beim Wasserlassen /Inkontinenz
  • Schlafstörungen

Es gibt immer wieder Beispiele dafür, dass manche Symptome, die erschreckte Angehörige für eine beginnende Demenz halten, durch Nebenwirkungen von Medikamenten hervorgerufen wurden.

Deswegen ist es wichtig, dass Ärzte und Laien davon wissen und möglichst die Liste kennen, die im Alter spezielle Probleme machen und deswegen möglichst nicht eingesetzt werden sollten.

Diese Liste heisst PRISCUS-Liste und liegt in unserer Abteilung aus. Sie finden sie auch im Info-Teil in diesem Blog. Diese Liste  enthält aktuell 83 Wirkstoffe, die für ältere Menschen ungeeignet sein können. Die PRISCUS-Liste ist das Ergebnis eines vom BMFB-geförderten Verbundprojektes, in dem Experten alle internationalen und nationalen Informationen zu Arzneimitteltherapie bei älteren Menschen zusammengeführt haben.

Die erschreckende Information aus dieser Arbeit ist, dass jeder fünfte Patienten auf seiner täglichen Arzneimittelliste ein Medikament aus der Priscus-Lste, also ein potentiell ungeeignetes Medikament, hatte.

Was heißt das für Sie und uns?

Informieren Sie sich und sprechen Sie darüber mit  Ihrem Arzt.

Für uns heißt es, dass wir unserer Psychosomatischen Abteilung ein genaues Augenmerk auf die Medikamente jedes einzelnen Patienten haben. Dabei ist unser Grundsatz:

Soviel Therapie wie möglich, und so wenig Medikamente wie notwendig. D. h. dass wir den Schwerpunkt unserer Behandlungen zur Besserung der Symptome  auf intensive Therapie legen, wenn notwendig in Kombination mit Medikamenten, (siehe auch Beitrag in diesem Blog zur Behandlung von Schwerkranken mit Psychotherapie).

Das heißt auch, dass wir v.a. in unserer Gruppe für ältere Patienten (Gesundheit im Alter, 55plus) sehr genau nach den Wirkungen und Nebenwirkungen bei jedem einzelnen Patienten schauen. Das besprechen wir bei den wöchentlichen Medizinischen Visiten und den Chefvisiten.

  • Regelmäßig kontrollieren wir die Kombinationen von Medikamenten auf unerwünschte Nebenwirkungen.
  • Immer dann setzen wir nicht notwendige Medikamente ab, wenn Sie damit einverstanden sind.
  • Wir reduzieren die Dosis, wenn Medikamente nicht mehr notwendig sind, weil sich ihr Ihr Zustand und die Beschwerden gebessert haben.

Ganz besonders freuen, wir uns wenn wir zum Ende der Behandlung in unserer Psychosomatischen Abteilung Medikamente absetzen können, weil sie nicht mehr notwendig sind.

Keine Zeit für Patienten – Sind die Controller schuld?

In den Medien und in der Öffentlichkeit wird immer wieder beklagt, dass Ärzte keine Zeit mehr für Patienten haben. Die Schuld dafür wird dem Controlling, den Geschäftsführern und der Ökonomisierung in den Krankenhäusern gegeben. Aber stimmt das wirklich ? Ist es nicht immer einfacher, die Schuld bei Anderen zu suchen oder das System verantwortlich zu machen?

Natürlich hat der finanzielle Druck auf die Krankenhäuser zugenommen. Und allen ist bekannt, dass sich die Prozesse in den Krankenhäusern durch das deutsche Fallpauschalen- System (G-DRG-System) radikal geändert haben. Die Verweildauern wurden radikal verkürzt und es sind manche Fehlanreize entstanden (z.B. mehr, z.T. nicht notwendige Operationen).

Und wahrscheinlich haben sich die meisten leitenden Ärzte schon einmal über Geschäftsführer geärgert, die ihnen mit wirtschaftlichen Argumenten Vorschriften gemacht haben. Manche Ärzte erleben es als Einmischung, wenn sich Kaufmännische Direktoren trauen, die Notwendigkeiten von medizinischen Leistungen in Frage zu stellen. Und manchmal scheinen Geschäftsführer sehr stark die Zahlen und weniger die Qualität der medizinischen Behandlung im Auge zu haben. Manchmal geraten auch die strategische Ziele  vor lauter Sparzwängen aus dem Blickfeld. Dann besteht die Gefahr, dass an dem wichtigsten Kapital gespart wird, was wir bei Dienstleistungen im Krankenhaus haben: dem qualifizierten Personal (statt an überflüssigen Strukturen oder Prozessen).

Aber ist das alles wirklich die Ursache dafür, dass Ärzte weniger Zeit für Patienten haben, wie auch in einem Artikel in der SZ vom 14.8.13 suggeriert wird (Vorsicht Klinik, SZ, Nr 187, Seite 3)? Ist das „System Krankenhaus“ krank und die Ärzte „rücksichtslos“, „ohne Gehör für Patienten“? Warum fühlen sich Patienten oft „schlecht informiert“ und „alleine gelassen“? Warum haben Patienten oft „Angst vor den behandelnden  Ärzten“?

Oder sollten wir uns nicht einmal an die eigene Nase fassen, statt die Schuldigen im „System Krankenhaus“ oder bei den Controllern zu suchen ?

In allen Generationen gab und gibt es Ärzte, die sich aufopferungsvoll und engagiert um ihre Patienten bemühen, die ihnen beistehen, sie informieren und bei schweren Erkrankungen begleiten. In den vielen Jahren als Arzt im Krankenhaus habe ich immer wieder Kollegen aller Fachrichtungen  kennengelernt, die sich viel Zeit für die Belange ihrer Patienten genommen haben. Und auch im G-DRG-System gibt es aufmerksame und patientenotrientierte  Ärzte, die Patienten aufklären, sich Zeit nehmen und für Patienten da sind.

Und ebenso gab es unter den Ärzten immer schon Handwerker, Tüftler und Wissenschaftler, die lieber im Labor standen, operierten, Narkosen machten und ihren Beruf als reine technische Serviceleistung betrachteten.

Und es gibt und gab eine Minderheit von Ärzten, die dabei die betroffenen Menschen vergessen, die eher an sich denken (an ihren Profit oder ihre Karriere), die sich keine Zeit für Aufklärungen nehmen, die wissenschaftliche Untersuchungen mit Patienten machen, ohne diese aufzuklären, die ihre Interessenskonflikte nicht offenlegen und unreflektiert mit Pharmafirmen zusammen arbeiten.

Das heisst: Ärzte, die sich wenig Zeit für die Patienten nehmen oder sich zu wenig um Patienten bemühen, gab es schon lange vor den ökonomischen Zwängen des G-DRG-Systems.

Und bis heute gilt, dass Mediziner viel zu schlecht auf die Belastungen und psychischen Belange ihrer Patienten vorbereitet sind. Sie sind überfordert damit, Menschen über schwere Krankheiten zu informieren und ihnen bei den Behandlungen beizustehen. Obwohl es seit 1976 Pflichtkurse in Psychosomatik im Studium gibt, sind die meisten Ärzte mit Gesprächsführungen überfordert. Das Medizinstudium bereitet ausführlich auf die körperliche Seite von Erkrankungen vor, die psychischen Erkrankungen kommen zu kurz. Und nach wie vor wird an den deutschen Hochschulen die wissenschaftliche Tätigkeit mehr belohnt als die Lehre und Ausbildung der Studenten.

Schon in den 70 er Jahren schrieb Balint* über die Ärzte, die sich nur 5 Minuten Zeit pro Patient geben. Und noch heute suchen Ärzte oft Jahre lang nach organischen Ursachen für Beschwerden und erkennen Depressionen oder Somatisierungen viel zu spät. Schon Untersuchungen aus den 90er Jahren haben beschrieben, dass Ärzte weniger Zeit mit den Patienten verbringen, denen sie nicht mehr weiter helfen können.

Das heisst für Patienten und Angehörige, dass sie sich aktiv und kritisch nach Ärzten umschauen müssen, die ihre Interessen ernst nehmen und nicht über sie bestimmen.

Für Ärzte heißt das, dass sie sich gegenüber Geschäftsführern behaupten müssen und die Notwendigkeiten der medizinischen und therapeutischen Qualität immer wieder selbstbewusst vertreten müssen.