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Depressionen – Auf die Ursachen kommt es an

Bei Depressionen sollte zuerst nach den Ursachen gefragt werden, bevor eine Behandlung eingeleitet wird. Das ist leider nicht selbstverständlich.

Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Millionen Menschen sind weltweit davon betroffen (WHO 2001). Und auch in Deutschland erkranken 12 bis 20 von 100 Menschen einmal in ihrem Leben an einer Depression (IQWIG).

Dabei erstaunt, dass es in den meisten Artikeln, auch von Fachleuten, so wirkt, als handele es sich bei Depressionen um eine einzige Erkrankung.

Dabei zeigt jahrelange Erfahrung, dass Traurigkeit und Depressionen immer dann auftreten, wenn Menschen mit Problemen nicht mehr zurecht kommen und die Bewältigungsmechanismen nicht mehr ausreichen. Die Ursachen können ganz unterschiedlich sein. Und auch der Schweregrad der depressiven Verstimmung kann sich von Mensch zu Mensch und je nach der zugrunde liegenden Belastung unterscheiden:

  • So können Menschen bei Konflikten und Mobbing am Arbeitsplatz depressiv werden.
  • Andere kommen mit ihrer privaten Lebenssituation oder Beziehung nicht mehr zurecht und reagieren depressiv.
  • Verlust von nahen Angehörigen oder guten Freunden kann zu depressiven Verstimmungen führen.
  • Manche Menschen leiden nach schweren Traumatisierungen, Gewalterfahrung und schweren Schicksalsschlägen z.T, jahrelang immer wieder unter Depressionen.

Doch wenn das so ist, dann verwundert es, dass in vielen Fällen nicht vor jeder Behandlung genau nach den Ursachen geforscht und die Behandlung darauf abgestimmt wird.

Immer wieder werden Studien veröffentlicht, die nur die Depression-Symptome abfragen und Menschen dann je nach Studien-Design oder Präferenz des Arztes oder der Klinik behandeln.

Zu oft werden dann zu allererst Medikamente verordnet (Bertelsmann Stiftung, April 2014), deutlich weniger oft werden Psychotherapien angeboten, obwohl die Leitlinien der Fachgesellschaften Psychotherapien als erste Behandlungsmaßnahme empfehlen (siehe Beiträge in diesem Blog).

Dabei brauchen Menschen v.a. Psychotherapien, die sich nach den zugrunde liegenden Ursachen richten:

Menschen mit Eheproblemen oder nach Verlust von Angehörigen brauchen andere Behandlungen als Menschen mit Problemen am Arbeitsplatz. Und diese wieder andere Probleme als Menschen nach Gewalterfahrungen oder Traumarisierungen.

Deshalb ist es für Betroffenen wichtig, vor einer Behandlung Zweitmeinungen einzuholen oder sich nach Alternativen zu erkundigen.

Denn zugespitzt kann man sagen, dass es sich bei Depressionen immer wieder nur um Symptome von dahinter legierenden Problemen handelt.

Diese Probleme können den Betroffenen auch verborgen (unbewusst) sein. Dann ist es um so wichtiger, dass man Experten zu Rate zieht und sich nicht einfach Medikamente verschreiben lässt.

Psychische Erkrankungen-Keine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht !

Nach dem furchtbaren Unglück der Germanwings Maschine 4U9525 und dem gewaltsam herbeigeführten Tod von 150 Menschen überschlugen sich die Medien mit wilden Spekulationen über die Ursachen und manche Politiker gingen mit mit sehr einfachen, schnellen Lösungsvorschlägen an die Öffentlichkeit und in die Talkshows.

Dabei sollte wohl  der Eindruck entstehen, es gäbe schnelle, einfache Lösungen für komplexe Probleme, über die wir alle zu wenig wissen. Viele Medienvertreter und selbst ernannte Experten schienen sich eher selbst beruhigen zu wollen, als öffentlich einzugestehen, dass sie nicht Bescheid wussten.

Schnell wurde der Ruf nach Lockerung der Schweigepflicht laut (siehe FAZ.net). Der CDU Politiker Dirk Fischer forderte sogar: „Piloten müssten zu Ärzten gehen, die vom Arbeitgeber vorgegeben werden (siehe T-Online).“

Der Bayerische Innenminister dachte sogar öffentlich über „Berufsverbote für Depressive“ nach. (Hier paart sich Populismus mit Unkenntnis).

Und wie immer, wenn Politiker unsicher werden, wird der Ruf nach Verschärfung der Gesetze laut.

Dabei ist die Gesetzeslage eindeutig und auch für solche katastrophalen Fälle ausreichend. Lösungen müssen eher an anderer Stelle gesucht werden (s.u.)

Der Schutz des Privatgeheimnissen (vor allem von Patienten) ist im § 203 Abs. 1 Strafgesetzbuch eindeutig geregelt:

(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, dass ihm als Arzt, Zahnarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufes oder Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftliche Abschlussprüfung und (weiteren Berufsgruppen 3. bis 6) anvertraut worden oder sonst bekannt worden ist, wird mit Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr bestraft.“

Vom Gesetzgeber gibt es davon nur 4 Ausnahmen: (1.) die Einwilligung des Patienten, (2.) die mutmaßliche Einwilligung (z.B. bei Ohnmacht nach einem Unfall), (3.) die Gefahr bei bei meldepflichtigen Infektionserkrankungen (Offenbarungspflichten) und (4.) eine drohende Gefährdung Anderer oder einer angekündigten Straftat.

Das ist eindeutig und ausreichend.

Alle anderen Versuche, schnell die Gesetze zu ändern und die Öffentlichkeit mit Aktionismus zu beruhigen, sind unwirksam und gefährlich:

1. Den absoluten Schutz vor Straftaten gibt es nicht.

2. Nur wenn sich Menschen Experten gegenüber mitteilen, besteht die Möglichkeit einer Behandlung von (körperlichen und psychischen) Erkrankungen.

2. Menschen mit psychischen Problemen wenden sich aber nur an Ärzte und Psychotherapeuten, wenn sie keine negativen Folgen zu befürchten haben.

3. Arbeitgeber dürfen keine Informationen über medizinische, psychische und private Daten von Mitarbeitern bekommen.

4. Wenn psychische Erkrankungen unter Generalverdacht gestellt werden, gehen wieder mehr Menschen nur mit körperlichen Beschwerden zum Arzt (unspezifische Schmerzen, Verspannungen, Migräne, funktionelle Beschwerden).

5. Die Forderung nach Berufsverboten ist gefährlicher, als die Gefahr, die angeblich abgewehrt werden soll.

Dabei ist es offensichtlich, dass andere Maßnahmen zur Diagnostik und Behandlung von chronischen und psychischen Erkrankungen dringend notwendig sind:

– Wir brauchen endlich eine bessere Vernetzung der Ärzte und Psychotherapeuten untereinander.

– Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) muss Daten über Diagnosen, Behandlungen, Medikamente und Risikofaktoren für Ärzte und Psychotherapeuten zur Verfügung stellen.

– die Qualität der Therapien und Behandlungen müssen besser werden und sich an den Leitlinien orientieren.

Und Politiker müssen wohl lernen, dass es die absolute Sicherheit weder im Straßenverkehr, noch im Leben gibt.

„Deutschland hat Rücken“

Das ist der Titel des „Gesundheitsreports 2014“ der Techniker Krankenkasse, aus dem SPIEGEL online berichtet.

Wir hatten witzigerweise zum gleichen Thema in diesem Blog am 4.8.13 getitelt: „Ich habe Rücken“ und auf die psychischen Aspekte bei Rückenschmerzen hingewiesen. Dabei haben wir auch aus der „Nationalen Versorgungsleitlinie“ aus dem Jahre 2011 zur Diagnostik und Behandlung von Rückenschmerzen hingewiesen.

Der Gesundheitsreport 2014 der TK belegt jetzt erneut die Häufigkeit von chronischen Rückenschmerzen bei 4,1 Millionen Versicherten und beschreibt, dass nur ein kleiner Teil der betroffenen Patienten nach den nationalen Leitlinien und Experten-Empfehlungen behandelt werden. Immer noch wird zuviel geröntgt und operiert.

Dabei sind chronische Rückenschmerzen seit Jahren der häufigste Grund für Krankschreibungen in Deutschland. Auch darüber haben wir in diesem Blog schon mehrfach berichtet. So z.B. über „chronische Rückenschmerzen“ am 27.4.14.

Neue Zahlen der TKK belegen diese Häufigkeit: 10% aller Beschäftigten werden wegen „Rückenschmerzen“ krank geschrieben. Die durchschnittliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit liegt bei nur 17,5 Tagen und damit 5 Tage über dem Durchschnitt aller Krankschreibungen. Im „Gesundheitsreport 2014 wird auch nach Berufsgruppen und Regionen unterschieden.

In einem TK-Rückenatlas“ kann man in einer Deutschlandkarte die Häufigkeiten nach Regionen. Ausserdem gibt es sehr detaillierte Tabellen und Statistiken zu Alter, Geschlecht und Berufsgruppen der Betroffenen.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass meist viel zu spät mehrere Experten zur Untersuchung und Behandlung der Betroffenen eingeschaltet werden (wie in der Nationalen Versorgungsleitlinie empfohlen wurde).

Diese könnten die Patienten und ihre Erkrankungen nach körperlichen, psychischen und sozialen Aspekten untersuchen, früh genug die Risiken für eine Chronifizierung erkennen und durch gezielte interdisziplinäre Zusammenarbeit verhindern.

 

Hilfe für Gesunde in Krisen

Als wir vor sieben Jahren unsere Abteilung für Psychosomatik bei München eröffnet haben, schrieben wir in unseren Flyer: „Wir helfen Gesunden in Krisen !“ Damit wollten wir auf unser Angebot von diagnostischen Gesprächen für die Menschen aufmerksam machen, die oft erstmals in ihrem Leben in schwere Lebenskrisen geraten waren und schnelle Hilfe brauchten.

Erstaunlicherweise habe ich in dieser Woche einen Artikel in der ZEIT gefunden, der genau das zum Thema macht: Unter der Überschrift: „Erste Hilfe fürs Ich“ und dem Untertitel: „Wer eine Therapie benötigt, muss meist lange warten. Vielen Menschen reicht aber in psychischen Krisen eine kurzfristige Unterstützung – Hauptsache schnell“ (ZEIT, Nr. 22, vom 22.5.2014) werden lange Wartezeiten beklagt und ein wirklicher Missstand in der Versorgung beklagt:

Es gibt wenig akute Anlaufstellen für Menschen in psychischen Krisen, die den Betroffenen dabei helfen, schnell die für sie richtige oder angemessene Behandlung zu finden.

An vielen Stellen haben wir in diesem Blog beklagt, dass Menschen, die  Hilfe  bei psychischen Problemen suchen, oft ganz unterschiedliche Empfehlungen bekommen, die sie zusätzlich irritieren und verunsichern.

Oft bekommen Menschen mit dem gleichen Problem oder den gleichen Beschwerden ganz unterschiedliche Empfehlungen. Und die Betroffenen sind in Not und können oft nicht unterscheiden, ob sie nur ein kleines, akutes Problem haben und nur wenige Gespräche zur Unterstützung brauchen, oder ob sich hinter der akuten Krise ein größeres Problem verbirgt.

Dazu brauchen sie Experten für schnelle Gespräche, exakte Diagnostik und unabhängige Behandlungsempfehlungen.

Das bieten wir in unserer psychosomatischen Abteilung in Ebersberg bei München seit inzwischen sieben Jahren an.

Wir machen jährlich Hunderte von Gesprächen mit Menschen in Krisen. Nur ein Teil von ihnen kommt zu uns in Behandlung. Den anderen empfehlen wir andere Abteilungen, ambulante Therapien oder medizinische Behandlungen.

Wir sind nicht vollständig unabhängig, da wir unser eigenes Behandlungskonzept und unsere eigene Abteilung haben. Wir versuchen aber, Termine so schnell wie möglich anzubieten und Menschen nur die notwendigen Behandlungs-Empfehlungen zu geben. Bei diesen Empfehlungen orientieren wir uns an den nationalen und internationalen Behandlungs-Leitlinien der Fachgesellschaften.

Das heisst, wir empfehlen unsere, psychoanalytisch begründeten Therapieverfahren nur, wenn sie den Leitlinien entsprechen, wenn es keine besseren, anderen Behandlungen gibt und die Betroffenen sich nach ausführlicher Information auch selbst für eine Behandlung in unserer Psychosomatik bei München entschieden haben.

Denn die Empfehlungen in dem oben erwähnten Artikel sind nicht in allen Fällen hilfreich:

– Sozialpsychiatrische Dienste haben oft ein psychiatrisches Klientel mit z.T.chronischen psychischen Problemen

Kirchliche Beratungsstellen und psychosoziale Beratungsstellen sind oft auf bestimmte Probleme spezialisiert und Psychiatrische Ambulanzen wenden sich oft an „schwer und chronisch Kranke“ und bieten Hilfe “ sowie in psychiatrischen Notfällen“.

 

Immer noch versuchen einzelne Psychotherapeuten, Homosexualität „zu behandeln“ !?

Durch einen Artikel in der ZEIT vom 8.5.14 und einen Beitrag vom gleichen Autor in der Sendung Panorama (ARD, 8.5.14, 21.45 Uhr) fühlt man sich in  finstere Urzeiten der Medizin und Psychotherapie zurück versetzt: „Wie mich zwei Ärzte von meinem Schwulsein heilen wollten“ titelt Christian Decker in der ZEIT.

Im Artikel beschreibt er „Evangelikale Christen“, ihren Dachverband, die Deutsche Evangelische Allianz, und den Bund Katholischer Ärzte, die Homosexualität als Sünde ansehen. In dem Artikel heisst es auch, der Evangelischen Allianz stünden 11,3 Millionen evangelische Christen nahe. Der Autor beschreibt sehr bizarre Kontakte und Gespräche mit Ärzten, die versucht haben, ihm ihre Weltanschauung einzureden oder ihre religiösen Überzeugungen überzustülpen.

Auch vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen habe ich Informationen über Versuche, so genannte „Umorientierungs“Therapien auf Kosten der Krankenkassen abzurechnen.

Zu einer pathologisierenden (krank machenden) Haltung gegenüber Homosexuellen haben auch die Psychoanalytischen Ausbildungsinstitute lange beigetragen, die bis vor einigen Jahrzehnten Homosexuelle nicht als Ausbildungskandidaten zugelassen haben.

In dem Artikel hat der Autor die Ärzte allerdings auch bewusst in eine Falle gelockt: Er hat vorgegeben, etwas gegen seine Homosexualität unternehmen zu wollen.

Schwieriger wird es für Betroffene, wenn Sie mit einem psychischen Problem eine Therapie suchen (und z.B. homosexuell sind). Wenn Ärzte dann ihre eigenen Wertvorstellungen in die Behandlungen einfliessen lassen, ohne das deutlich zu machen, wird ein Patienten manipuliert, ohne es gleich zu merken.

Das ist v.a. für selbst-unsichere Patienten ein großes Problem, die oft hilflos nach Ratschlägen suchen. Aber die Wertvorstellungen von Ärzten und Psychotherapeuten haben in Behandlungen und Therapien nichts zu suchen. Wenn Ärzte ihre eigenen Wertvorstellung in die Behandlung einfliessen lassen, arbeiten sie umprofessionell und gehen über den Behandlungsauftrag hinaus.

Das verstösst gegen die Berufsordnung, gegen wissenschaftliche Standards, gegen Ethik-Leitlinien und klingt nach Kassenbetrug !

Und die Vermutung liegt nahe, dass das häufiger vorkommt als öffentlich bekannt wird. Im Artikel wird auch beschrieben, dass einzelne Therapeuten, Kassenanträge stellen und vorgeben, eine „Richtlinienpsychotherapie“ durchzuführen, aber unter diesem Deckmantel versuchen, gesunde Menschen zu Patienten zu machen, ganz anders behandeln und sie zu manipulieren. (Das gibt es wohl nicht nur bei dem Thema der Homosexualität).

Zur Erklärung:

  • die Berufsordnungen verpflichten Ärzte und Psychotherapeuten, Krankheiten zu diagnostizieren und zu behandeln und nicht Gesunde.
  • In den Psychotherapie-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschuss werden behandlungsbedürftige „psychische“ oder „seelische “ Erkrankungen definiert und die Therapien beschrieben, die auf Kosten der Krankenkassen abgerechnet werden dürfen.
  • Dabei handelt es sich um Psychotherapieverfahren, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen wurde. Diese müssen in anerkannten Weiterbildungsinstituten gelernt werden und haben bestimmte Standards, die die Ärzte im ZEIT-Artikel nicht angewandt haben
  • Ethik-Leitlinien legen fest, dass Psychotherapien neutral, unabhängig und wertfrei zu sein haben. (Die meisten Ausbildungsinstitute und viele Berufsverbände haben solche Leitlinien, auf die sich die Mitglieder festlegen).
  • Es klingt sehr nach Kassenbetrug, wenn andere Themen behandelt werden oder anders behandelt wird, als im Kassenantrag angegeben wird.

Ws heisst das für Betroffene oder Menschen in Krisen?

  • klären Sie mit dem behandelnden Arzt und Psychotherapeuten die Therapieziele und den Behandlungsauftrag
  • informieren Sie sich nach dem Therapieverfahren
  • wehren Sie sich gegen Wertvorstellungen und Manipulationen von Ärzten und Psychotherapeuten
  • Suchen Sie sich eine Zweitmeinung, wenn Sie unsicher sind
  • Melden Sie solche Vorkommnisse bei den Ärztekammern oder Psychotherapeutenkammern !!