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Wie normal ist eigentlich Gewalt in Beziehungen heute?

Eine Studie der Fachhochschule Fulda  bringt erschreckende Ergebnisse: beinahe zwei Drittel der deutschen Jugendlichen hat in Beziehungen schon einmal Gewalt erlebt ! Heisst das, dass Gewalt in Beziehungen fast “ normal“ ist ? Und sind v.a. Mädchen und junge Frauen betroffen ? In der Süddeutschen Zeitung vom 25.9.13 werden diese Ergebnisse ausführlich beschrieben. Auch im Tagespiegel werden die Studienergebnisse beschrieben.

Und hier geht es um körperliche und sexuelle Gewalt. Doch Gewalt in Beziehungen fängt schon früher an: noch mehr Menschen haben böse Erfahrungen mit emotionaler und psychischer Gewalt machen müssen.

 

Woran liegt das und was können Betroffene tun?

Facebook und Psychische Gesundheit ?

Eine Nachricht in der FAZ von heute hat mich fast vom Stuhl fallen lassen und entsetzt: „Um Mobbing und eventuelle Suizide nach Hänseleien zu verhindern, lässt der Schulbezirk Glendale bei Los Angeles künftig soziale Netzwerke überwachen.“

Wir sind ja inzwischen einiges gewöhnt:

  • Wir haben uns daran gewöhnt, dass Tausende persönliche Informationen und Details aus ihrem Alltag ins Netz stellen und der Welt mitteilen.
  • wir wissen, dass Firmen sich über Bewerber auch bei Facebook informieren.
  • Seit den Veröffentlichungen von Edward Snowden weiß jeder Internet-Nutzer, dass alle Informationen auch von Geheimdiensten gelesen werden.

Aber das ist neu: „nach einer Testphase im Frühjahr beauftragte die Schulverwaltung jetzt das Unternehmen Geo Listening, täglich die Posts von 14.000 Schülern der Middle und High Schools bei Twitter , Facebook und anderen Netzwerken zu kontrollieren“.

„Sobald die Fachleute Drohungen oder Warnsignale zu Cyberbulling (siehe diesen Blog zu Cybermobbing), Drogen oder Suizidgedanken entdecken, wird der Glendale Unified School District benachrichtigt.“

„Wir wollen Leben retten, sagte der Schulrat Sheedan. Viele Schüler und Eltern fürchten um ihre Privatsphäre. Das Sammeln von Informationen auf öffentlich zugänglichen Seiten ist aber legal.“ (Ende des Artikel, FAZ, Nr. 215, Seite 9, 16.9.13).

Und ohne Polemik: erst einmal handeln die Schulen und Schulleiter aus Hilflosigkeit und Not: “ Eine Schülerin der Crescenta Valley High School hatte sich vor kurzem das Leben genommen, da sie unter den feindlichen Posts ihre Mitschülerinnen litt.“ (Auch in diesem Artikel).

Aber wären nicht Informationen der Schüler und Schülerinnen über Mobbing, Stärkungen der sozialen Kompetenz und  des Selbstbewusstseins, Hilfsangebote der Schulen und Ansprechpartner für Schülerinnen in Not notwendig ?

Brauchen vielleicht auch zuallererst Eltern und Lehrerinnen und Lehrer Informationen über Soziale Netzwerke?

Die Idee, Überwachung in Sozialen Netzwerken mit Service zur Psychischen Gesundheit und zur Gefahrenabwehr einzusetzen, zeigt mir eher, wie hilflos diejenigen sind, deren Support und Hilfen die Betroffenen so dringend bräuchten.

Und was ist, wenn die Informationen nicht nur an die Schulen, sondern auch an zukünftige Arbeitgeber oder Geheimdienste geraten ? Wenn zusätzliche Informationen erfasst werden, die nichts mit  Mobbing oder Selbstmordgefährdung zu tun haben ?

Vorsicht mit Medikamenten im Alter !

„Man weiss nie was passiert, wenn sich Zwei zusammen tun.“ Mit diesem Slogan haben die Apotheken geworben. Mit diesem flotten Spruch wollen die Apotheken auf problematische Wechselwirkung zwischen Medikamenten aufmerksam machen. An dieser Stelle möchte ich einige Informationen zu diesem wichtigen Thema geben.

Über 90% der Menschen über 60 Jahre nehmen täglich Medikamente ein, im Mittel 2 bis 3 verschiedene Arzneimittel pro Tag. Bei über 80 Jährigen sind es schon 4 bis 5 Arzneimittel oder mehr*. Zu den verordneten Medikamenten kommen noch diejenigen, die Menschen spontan und ohne Rücksprache mit dem Arzt einnehmen. Dabei handelt es sich v.a. um Schmerz- und Beruhigungsmittel*.

Die folgenden Informationen beziehen sich u.a. auf die sehr informative Broschüre des Bundesministeriums für Forschung, die Sie auch im Informationsteil dieses Blogs finden (BMBF: Medikamente im Alter: Welche Wirkstoffe sind ungeeignet?*„)

Was bringt mich als Arzt für Psychosomatische Medizin zu den Nebenwirkungen und Wechselwirkungen von Arzneimitteln?

Das hat schon früh begonnen. Meine eigene Doktorarbeit in den 80er Jahren handelte von diesem Thema. An der LMU haben wir damals mehr als 500 Menschen untersucht, die   dauerhaft Herz- und Kreislaufmittel einnahmen (Digitalispräparate), die sie schon lange nicht mehr brauchten.

Und das ist nicht ungefährlich, weil diese Medikamente über die Niere abgebaut werden. jeder kann sich vorstellen, dass der Abbau der Herzmedikamente verzögert ist, wenn die Nierenleistung nachlässt. Dann kann es zu Überdosierungen und Komplikationen kommen. (Herzrhythmusstörungen, Schwindel, Stürzen, Übelkeit, Erbrechen…). Interessanterweise stehen die Medikamente,die wir damals im Zusammenhang mit der Doktorarbeit abgesetzt haben, heute auf der unten genannten PRISCUS-Liste.

Und als Abteilung für Psychosomatik bei München mit einem Behandlungsschwerpunkt für „Gesundheit im Alter – 55plus“ haben wir täglich mit Medikamenten zu tun, die auf der Liste der meist verordneten Medikamente für ältere Menschen stehen: den Psychopharmaka. Denn zu den häufigsten Medikamenten unter den Arzneimittel im Alter gehören:

  1.  Medikamente gegen Herz-Kreislauferkrankungen
  2. Medikamente gegen Hormon- und Stoffwechselerkrankungen  (Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen und „Fettsenker“)
  3. Medikamente gegen Schmerzen (Paracetamol, Ibubruphen, Opiate)
  4. Medikamente gegen psychische Symptome (Medikamente gegen Schlaflosigkeit, Depressionen, Unruhe, Gedächtnisstörungen oder Erregungszustände, s.u.) 

Doch erstaunlicherweise gibt es wenige Untersuchungen zu Medikamentenwirkungen im Alter, zu Wechselwirkungen, zum verändertem Stoffwechsel im Alter, zu nachlassender Nieren- und Leberfunktion und zu den Unterschieden in der Wirksamkeit zwischen Männern und Frauen.

Und was sind typische Nebenwirkungen von Medikamenten im Alter ?

Die wenigsten Menschen denken bei folgenden Symptomen an Nebenwirkungen von Medikamenten:

  • Schwindel oder Benommenheit
  • Verwirrung, Sturz
  • trockener Mund, Übelkeit
  • Bauchschmerzen, Verstopfung
  • Probleme beim Wasserlassen /Inkontinenz
  • Schlafstörungen

Es gibt immer wieder Beispiele dafür, dass manche Symptome, die erschreckte Angehörige für eine beginnende Demenz halten, durch Nebenwirkungen von Medikamenten hervorgerufen wurden.

Deswegen ist es wichtig, dass Ärzte und Laien davon wissen und möglichst die Liste kennen, die im Alter spezielle Probleme machen und deswegen möglichst nicht eingesetzt werden sollten.

Diese Liste heisst PRISCUS-Liste und liegt in unserer Abteilung aus. Sie finden sie auch im Info-Teil in diesem Blog. Diese Liste  enthält aktuell 83 Wirkstoffe, die für ältere Menschen ungeeignet sein können. Die PRISCUS-Liste ist das Ergebnis eines vom BMFB-geförderten Verbundprojektes, in dem Experten alle internationalen und nationalen Informationen zu Arzneimitteltherapie bei älteren Menschen zusammengeführt haben.

Die erschreckende Information aus dieser Arbeit ist, dass jeder fünfte Patienten auf seiner täglichen Arzneimittelliste ein Medikament aus der Priscus-Lste, also ein potentiell ungeeignetes Medikament, hatte.

Was heißt das für Sie und uns?

Informieren Sie sich und sprechen Sie darüber mit  Ihrem Arzt.

Für uns heißt es, dass wir unserer Psychosomatischen Abteilung ein genaues Augenmerk auf die Medikamente jedes einzelnen Patienten haben. Dabei ist unser Grundsatz:

Soviel Therapie wie möglich, und so wenig Medikamente wie notwendig. D. h. dass wir den Schwerpunkt unserer Behandlungen zur Besserung der Symptome  auf intensive Therapie legen, wenn notwendig in Kombination mit Medikamenten, (siehe auch Beitrag in diesem Blog zur Behandlung von Schwerkranken mit Psychotherapie).

Das heißt auch, dass wir v.a. in unserer Gruppe für ältere Patienten (Gesundheit im Alter, 55plus) sehr genau nach den Wirkungen und Nebenwirkungen bei jedem einzelnen Patienten schauen. Das besprechen wir bei den wöchentlichen Medizinischen Visiten und den Chefvisiten.

  • Regelmäßig kontrollieren wir die Kombinationen von Medikamenten auf unerwünschte Nebenwirkungen.
  • Immer dann setzen wir nicht notwendige Medikamente ab, wenn Sie damit einverstanden sind.
  • Wir reduzieren die Dosis, wenn Medikamente nicht mehr notwendig sind, weil sich ihr Ihr Zustand und die Beschwerden gebessert haben.

Ganz besonders freuen, wir uns wenn wir zum Ende der Behandlung in unserer Psychosomatischen Abteilung Medikamente absetzen können, weil sie nicht mehr notwendig sind.

Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz und Burn out

„Gesund im Beruf“ titelt die SZ drei Sonderseiten am 16. Mai 2013 und erstaunlicherweise geht es in erster Linie um Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz: um einen „Schutzschild gegen Stress“, um Resilienz (Widerstandskraft), die Frage: „macht Arbeit krank?“ und ein eLearning Projekt zur Stärkung psychischer Gesundheit in der Arbeitswelt, was vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert wird (psyga.info). Es wird betont, dass auch Führungskräfte Unterstützung brauchen und der Mitarbeiter auch für die Betriebsräte im Mitttelpunkt steht.

Hier sollen nur die wichtigsten Zahlen berichtet werden:

  • Psychische Erkrankungen sind die Ursache für 13,2 % der Krankheitstage (BKK-Gesundheitsreport 2012). Damit liegen psychische Erkrankungen erstmals nach Muskel- und Skelett-Erkrankungen (spezielle Rückenleiden, die m.E. oft auch psychisch bedingt sind) und Atemwegserkrankungen an dritter Stelle der Fehlzeiten in Unternehmen.
  • 38 % der Frühberentungen erfolgen wegen psychischer Erkrankungen
  • die Kosten für Unternehmen wegen psychischer Erkrankungen bewegen sich im zweistelligen Milliardenbereich
  • in der Europäischen Union sind 160 Millionen Menschen von psychischen Erkrankungen betroffen, das sind, so Dr. Breucker vom BKK-Bundesverband, etwa ein Drittel der Bevölkerung
  • Stress kann auch Anlass für Herzinfarkt, Diabetes und Rückenerkrankungen sein.

Bei den Angaben über die Ursachen für diese erschreckenden Zahlen bleiben die Artikel auf diesen Sonderseiten relativ wage.

  • Es werden selbst bei dem europaweiten Projekt der BKK keine Angaben über die Auswirkungen der Euro- oder Finanzkrise gemacht
  • im Artikel über die Rolle der Betriebsräte werden die gesellschaftlichen Gründe wie Niedriglohn, Befristungen, Mini-Jobs, Leiharbeit und betriebliche Gründe wie schlechte Arbeitsbedingungen und unkluges Führungsverhalten genannt
  • im Interview mit dem Psychologen Dr. Reuter werden individuelle Faktoren wie mangelnde Belastbarkeit wegen psychischer Anfälligkeit oder emotionaler Probleme beschrieben, die anfälliger auf Belastungen in der Arbeit machen. In diesem Artikel wird auch die Resilienz beschrieben. Damit wird die psychische Widerstandskraft gegen Stress und psychische Erkrankungen beschrieben, die sich trainieren lässt.

Bei den Maßnahmen werden genannt:

  • in Betrieben Wiedereingliederungsmaßnahmen nach Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen und betriebliche Maßnahmen bei Arbeitsorganisation und Arbeitsplatzgestaltung,
  • beim eLearning Projekt wird auf die Unternehmenskultur Wert gelegt und Führungskräfte darin geschult, einen respektorientierten Führungsstil zu lernen.
  • Resilienz-Training zur Stärkung der Widerstandskraft gegen psychische Erkrankungen

Aber lesen Sie selbst (Gesund im Beruf, SZ Sonderseiten der Markt1 Verlagsgesellschaft, 16.5.13): Wenn man genau liest, sind die wichtigsten Aspekte zu psychischer Gesundheit erwähnt. Trotzdem fällt auf, dass diese ganze Sonderbeilage ohne Stellungnahme von ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten und Psychiatern auskommt. Der einzige Psychologe, der zu Worte kommt, ist ein Neurowissenschaftler, der über den Zusammenhang zwischen Genetik, Hormonen und psychischer Belastung und seinen Forschungsarbeiten berichtet.

Und auch wenn es stimmt, dass Stress, psychische Erkrankungen und Burn out immer dann entstehen, wenn gesellschaftliche Rahmenbedingungen, innerbetriebliche und individuelle Faktoren zusammenkommen, kommen sowohl die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen als auch die individuellen Belastungsfaktoren zu kurz.

Was führt Menschen dazu, sich im Beruf über die eigenen Belastungsgrenzen zu engagieren? Was sind die Ursachen dafür, dass in vielen sozialen Berufen, die Arbeitnehmer körperlich und psychisch erkranken und aus dem Beruf ausscheiden? Warum wundern wir uns, wenn Menschen erkranken, die immer häufiger in prekären Arbeitsverhältnissen arbeiten? Wie ist unser gesellschaftlicher Umgang mit Mini-Jobs? Wundern wir uns wirklich, wenn alleinerziehende Frauen psychisch erkranken, wenn sie die Mehrfachbelastungen ohne entsprechende Angebote an Krippen- und Kindergartenplätzen nicht mehr aushalten?

Wegen all dieser zunehmenden Probleme und der wachsenden Gefährdung der Psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz ist eine qualifizierte, wohnortnahe Behandlung mit kurzen Wartezeiten, wie in unserer psychosomatischen Akutklinik bei München immer notwendiger.

Über diesen Weblog

Körperlich und psychisch gesund! Mit diesem Weblog möchten wir Ihnen ein interessantes und immer wieder aktuelles Angebot an Informationen, Neuigkeiten und Links aus dem hoch-interessanten Gebiet der Psychosomatik und Psychotherapie bieten.

Warum entsteht diese zusätzliche Seite?

Auf Standard-Websites  ist oft schwierig, zeitnah auf Geschehnisse oder Berichte zur psychischen Gesundheit und psychischen Erkrankungen, z.B. auch aus der Tagespresse, einzugehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Deshalb möchten wir unsere Informationen auf der Klinik-Homepage www.klinik-ebe.de um aktuelle Themen rund um die psychische Gesundheit und ihre Bedeutung für unser Wohlbefinden und unser Leben z.B. in Beziehungen, Partnerschaften, Familien und im Beruf ergänzen.

Ausserdem möchten wir Ihnen über interessante Fachliteratur berichten und Ihnen gesundheitspolitische Informationen geben, soweit sie für Menschen mit psychischen Problemen, Beschwerden oder Erkrankungen relevant sind. Das können durchaus auch Informationen zu der Lage der Psychosomatik, zu Fragen der Kosten oder Zukunft von stationären oder Tagesklinischen Behandlungen im Krankenhaus betreffen.

Für Kolleginnen und Kollegen werden wir in den nächsten Monaten Fachinformationen zusammenstellen, die uns bei unserer täglichen Arebit helfen können.

Niemals zuvor haben psychische Fragestellungen in der Öffentlichkeit und den Medien eine so gravierende Rolle gespielt wie heute. Zugleich sind wir heute mehr denn je bereit, unsere Ängste und Probleme genauer anzuschauen, über ihren Einfluss auf unsere Gesundheit nachzudenken und dafür professionelle Hilfe anzunehmen.

Dieser Blog möchte diesen Prozess unterstützen und durch eine fachliche Kommentierung aktueller Medienveröffentlichungen oder Fakten des Zeitgeschehens mithelfen, Ängste zu versachlichen und Lösungswege aufzuzeigen.