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Psychische Erkrankungen-Keine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht !

Nach dem furchtbaren Unglück der Germanwings Maschine 4U9525 und dem gewaltsam herbeigeführten Tod von 150 Menschen überschlugen sich die Medien mit wilden Spekulationen über die Ursachen und manche Politiker gingen mit mit sehr einfachen, schnellen Lösungsvorschlägen an die Öffentlichkeit und in die Talkshows.

Dabei sollte wohl  der Eindruck entstehen, es gäbe schnelle, einfache Lösungen für komplexe Probleme, über die wir alle zu wenig wissen. Viele Medienvertreter und selbst ernannte Experten schienen sich eher selbst beruhigen zu wollen, als öffentlich einzugestehen, dass sie nicht Bescheid wussten.

Schnell wurde der Ruf nach Lockerung der Schweigepflicht laut (siehe FAZ.net). Der CDU Politiker Dirk Fischer forderte sogar: „Piloten müssten zu Ärzten gehen, die vom Arbeitgeber vorgegeben werden (siehe T-Online).“

Der Bayerische Innenminister dachte sogar öffentlich über „Berufsverbote für Depressive“ nach. (Hier paart sich Populismus mit Unkenntnis).

Und wie immer, wenn Politiker unsicher werden, wird der Ruf nach Verschärfung der Gesetze laut.

Dabei ist die Gesetzeslage eindeutig und auch für solche katastrophalen Fälle ausreichend. Lösungen müssen eher an anderer Stelle gesucht werden (s.u.)

Der Schutz des Privatgeheimnissen (vor allem von Patienten) ist im § 203 Abs. 1 Strafgesetzbuch eindeutig geregelt:

(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, dass ihm als Arzt, Zahnarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufes oder Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftliche Abschlussprüfung und (weiteren Berufsgruppen 3. bis 6) anvertraut worden oder sonst bekannt worden ist, wird mit Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr bestraft.“

Vom Gesetzgeber gibt es davon nur 4 Ausnahmen: (1.) die Einwilligung des Patienten, (2.) die mutmaßliche Einwilligung (z.B. bei Ohnmacht nach einem Unfall), (3.) die Gefahr bei bei meldepflichtigen Infektionserkrankungen (Offenbarungspflichten) und (4.) eine drohende Gefährdung Anderer oder einer angekündigten Straftat.

Das ist eindeutig und ausreichend.

Alle anderen Versuche, schnell die Gesetze zu ändern und die Öffentlichkeit mit Aktionismus zu beruhigen, sind unwirksam und gefährlich:

1. Den absoluten Schutz vor Straftaten gibt es nicht.

2. Nur wenn sich Menschen Experten gegenüber mitteilen, besteht die Möglichkeit einer Behandlung von (körperlichen und psychischen) Erkrankungen.

2. Menschen mit psychischen Problemen wenden sich aber nur an Ärzte und Psychotherapeuten, wenn sie keine negativen Folgen zu befürchten haben.

3. Arbeitgeber dürfen keine Informationen über medizinische, psychische und private Daten von Mitarbeitern bekommen.

4. Wenn psychische Erkrankungen unter Generalverdacht gestellt werden, gehen wieder mehr Menschen nur mit körperlichen Beschwerden zum Arzt (unspezifische Schmerzen, Verspannungen, Migräne, funktionelle Beschwerden).

5. Die Forderung nach Berufsverboten ist gefährlicher, als die Gefahr, die angeblich abgewehrt werden soll.

Dabei ist es offensichtlich, dass andere Maßnahmen zur Diagnostik und Behandlung von chronischen und psychischen Erkrankungen dringend notwendig sind:

– Wir brauchen endlich eine bessere Vernetzung der Ärzte und Psychotherapeuten untereinander.

– Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) muss Daten über Diagnosen, Behandlungen, Medikamente und Risikofaktoren für Ärzte und Psychotherapeuten zur Verfügung stellen.

– die Qualität der Therapien und Behandlungen müssen besser werden und sich an den Leitlinien orientieren.

Und Politiker müssen wohl lernen, dass es die absolute Sicherheit weder im Straßenverkehr, noch im Leben gibt.

Sind APPs für psychische Gesundheit Überwachung ?

Self-Tracking oder Selbst-Überwachung liegen im Trend: in diesem Blog haben wir mehrfach über den neue Geräte zum Messen der Fitness, zur Datensammlung über Bewegung, Aktivität und zur Messung von Gesundheitsdaten (wie Blutdruck, Puls, Blutzucker usw.) berichtet.
(siehe auch Blog über Aktivitätstracker vom 9.8.2014).
Neu sind Versuche, auch die psychische Gesundheit zu messen und, was schlimmer ist, die psychische Gesundheit zu überwachen.
Dazu berichtet die SZ am 29.10.14 von abenteuerlichen Versuchen von Wissenschaftlern, Forschern und Psychologen von Menschen Profile zu erstellen, die Aufschluss über Aktivitäten, Bewegungsprofile, Sozialverhalten, über möglichen sozialen Rückzug, über die Anzahl der Kontakte und sogar über SMS mit „schwermütigen“ Inhalten geben.

Siehe dazu auch den Retweet auf der zweiten Seite dieses Blogs:
#Psychosomatik EBE @pso_ebe: So einfach ist es nicht !! „Max-Planck-Institut: Wie Ärzte mit einem Schnelltest Depressionen erkennen können.“
Das ist skandalös und unethisch. Hier werden simple Erfassungen von „Symptomen“, Ferndiagnosen und Verletzungen des Datenschutzes mit einander kombiniert.
Es klingt abenteuerlich, wenn  es in dem SZ-Artikel heisst: „ein Smartphone-Programm der Universität Michigan soll mit Sprachanalysen Posttraumatische Belastungsstörungen, Schizophrenien und Parkinson diagnostizieren können“.
Und auch an der Universität Bonn setzen Psychologen, Psychiater und Informatiker Smartphone-Daten bei der Behandlung psychischer Erkrankungen ein. Sie nennen das neue Forschungs-Gebiet „Psycho-Informatik“ !!
Es soll wohl wie eine Beruhigung klingen, dass die Informatiker sagen, sie wollten den Arzt nicht ersetzen.
Wem soll das nützen ? Den betroffenen Menschen sicher nicht !
An dieser Stelle muss wohl deutlich auf die Notwendigkeit von professioneller psychischer Diagnose-Stellung und Behandlung hingewiesen werden.
Für eine  medizinische und psychische/psychotherapeutische Diagnostik gibt es Standards:
1. Jede Untersuchung muss mit dem Einverständnis der Betroffenen stattfinden.
2. Diagnosen sind mehr als nur Sammlung von Symptomen (s.o.)
3. Zur Diagnostik und Behandlung von psychischen Erkrankungen ist die Anwesenheit von Experten (psychologischen oder ärztliche Psychotherapeuten) notwendig, die die Schweigepflicht garantieren.
4. Experten erkennen und fragen nicht nur nach den verbalen Äußerungen und Erklärungen von Betroffenen (den Worten). Zur Diagnostik gehören auch die nicht spontan geäußerten, non-verbalen Mitteilungen des „Patienten“. Um diese zu erkennen, zu verstehen und gezielt nachfragen zu können, ist ein medizinisch/therapeutisches Gespräch unter vier Augen notwendig.
5. Ärzte und Psychotherapeuten, die eine Diagnostik durchführen brauchen eine solide Ausbildung und jahrelange Erfahrung (Das wird durch Psychotherapeuten- und Ärztekammern sicher gestellt).
4. Depressionen, posttraumatische Belastungsstörungen und alle anderen psychischen Erkrankungen haben Ursachen. Dies müssen in einem geschützten, der Schweigepflicht verpflichteten Gesprächssituation besprochen werden.
5. Viele Ursachen für Erkrankungen sind unbewusst. Es braucht ein Gegenüber und keine APPs, die den Betroffenen dabei helfen, mögliche Ursachen und Zusammenhänge bewußt zu machen.
Alles andere ist unverantwortlich.
Hier scheint es eher um wissenschaftliche Interessen und „Überwachung„, als um Hilfe, Beratung, Diagnostik, Behandlung und Wertschätzung zu gehen.
Nicht auszudenken ist der mögliche Missbrauch der so erfassten Daten durch Stellen, die diese Informationen nichts angehen (Arbeitgeber, Behörden….). Das wird in dem zitierten Artikel allerdings zum Schluss auch erwähnt.