Warum werden manche Menschen psychisch krank, andere nicht?

Und was bedeuten Begriffe wie Resilienz und Salutogenese? Patienten fragen uns oft, warum manche Menschen mehr und andere weniger unter vergleichbaren Belastungen und Traumen (seelischen Verletzungen) leiden. Warum werden manche Menschen schwer krank und andere scheinen schwerste Lebensereignisse und traumatisierende Ereignisse in der Lebensgeschichte fast ohne Beschwerden und Krankheiten überstanden zu haben?

Wenn man diese Fragen stellt, antworten viele Therapeuten mit dem Begriff der „Resilienz“ und meinen damit die Widerstandskraft eines Menschen. Wie diese zustande kommt, wird unterschiedlich erklärt. Manche sprechen von Genetik, also angeborenen Fähigkeiten, andere von Umwelteinflüssen.

Mit Salutogenese wird die Lehre von den Bedingungen verstanden, unter denen Gesundheit versteht. Viele Therapeuten versuchen, sich in ihren Behandlungen Widerstandskräfte und gesunde Eigenschaften zu Nutze zu machen.

Dann wird oft auch von Ressourcenorientierung gesprochen, also der Fähigkeit, auf gesunde Anteile oder auf Fähigkeiten zu verweisen, die Menschen haben, auch wenn sie in schweren depressiven Episoden stecken oder schwere Traumen überwinden müssen.

Nach unserer Erfahrung beschäftigt sich jedoch jeder Patient in Therapien mit schwierigen, konflikthaften, belastenden und z.T. traumatischen Erlebnissen und versucht, mit Hilfe des Therapeuten/der Therapeutin besser mit dem Erlebten zurecht zu kommen. Menschen, die jedoch versuchen, ausschließlich positiv zu denken, und die Erlebnisse auszublenden (zu verdrängen), die zu belastend erscheinen, bleiben instabil und verletzlich.

Es handelt sich in Therapien u.E. also nicht um einen Gegensatz zwischen negativen Gedanken und Erinnerungen auf der einen Seite, die ausgeblendet werden müssen, und positiven Ressourcen oder Resilienz auf der anderen Seite.

Damit es möglich ist, in Therapien über konflikthafte, traumatische Erinnerungen zu sprechen oder über Themen, die man meint, emotional nicht aushalten zu können, muss die „therapeutische Beziehung“ stabil und angstfrei sein. Wenn das den Betroffenen trotzdem nicht möglich ist, können spezielle Verfahren z.B. aus der Traumatherapie oder Borderline-Therapie angewandt werden (Imagination, EMDR, Skills,….).

Und die Frage, wie stabil oder angstfrei Menschen sind, hängt in den meisten Fällen von der Lebensgeschichte, Beziehungen zu frühen Bezugspersonen und den erlebten psychischen und körperlichen Verletzungen (Traumen) ab.

Gelernte Verhaltensweisen und Beziehungserlebnisse prägen uns alle  mehr als uns bewusst ist.

Es ist für jeden Menschen wichtig, ob er in einer stabilen, angstfreien Umgebung mit verlässlichen und wohl wollenden Bezugspersonen groß wurde, oder ob Unsicherheit, Angst und Kontaktabbrüche die Lebensgeschichte bestimmen (vereinfachte Darstellung).

Davon hängt also die Widerstandskraft: Resilienz ab.

Und immer wieder behandeln wir in unserer Psychosomatik bei München auch Menschen, die zwar in ihrer Kindheit und Jugend belastende oder traumatisierende Erfahrungen und Erlebnisse hatte, aber immer wieder Jahrzehnte lang mit viel Kraft und Erfindungsreichtum in Beruf und Privatleben gut zurecht gekommen sind. Akute Probleme können bei solchen Menschen (mit z.T. unverarbeiteten Konflikten) jedoch zu sehr schweren Krisen führen, die die Betroffenen oft selbst nicht für möglich gehalten hatten.

Oft ist es in Therapiuen dann notwendig, sich auch mit alten noch nicht verheilten Wunden zu beschäftigen, um wieder stabil, arbeitsfähig und ausgeglichen werden zu können.

Unsere stationäre und teilstationäre Behandlungen sind dann oft nur der Start und die Vorbereitung für eine weiterführende ambulante Behandlung.