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Informationen über posttraumatische Belastungsstörung – PTBS und Behandlungen

Menschen reagieren ganz unterschiedlich auf die gleichen Ereignisse. Für alle Menschen aber gilt, dass sie dann psychisch erkranken, wenn das Erlebte die Bewältigungsstrategien und psychischen Ressourcen  überfordert. Das gilt ganz besonders auch für psychische Verletzungen und Traumen.

Mit Posttraumatischen Belastungsstörungen, PTBS,  sind psychische Symptome und eine Erkrankung gemeint (s.u.), die nach schweren Verletzungen / Traumatisierung auftreten.

Im Folgenden werde ich die wichtigsten Fakten zu diesem Krankheitsbild zusammenzutragen. Dabei beziehe ich mich auf eine Übersichtsarbeit im Deutschen Ärzteblatt (Frommerer et. al: Post-Traumatic Stress Disorder, Dtsch. Arzteblatt Int. 2014,; 111(5), 59.-65) und die S3-Leitlinie der AWMF zur Posttraumatischen Belastungsstörungen, PTBS. (Die Patientenfassung dieser Leitlinie finden Sie unter Infos in diesem Blog).

An dieser Stelle ist mir der Hinweis wichtig, dass Menschen, die unter Symptomen der hier beschriebenen Trauma-Folgestörungen leiden, unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen sollten.

Der Traumabegriff wird von Laien und Experten sehr unterschiedlich gefasst. In den Leitlinien werden als Trauma nur außergewöhnliche, (potentiell) lebensbedrohliche äußere Ereignisse bezeichnet oder solche Ereignisse, die mit schweren Verletzungen einhergehen und die bei jedem Menschen zu einer seelischen Erschütterung führen können.

Die psychischen Folgen von schweren, nicht lebensbedrohlichen Belastungen wie z.B. Scheidungen, Trennungen, Tod eines Angehörigen, Verlust des Arbeitsplatzes und Mobbing werden nicht unter dieser Definition von Trauma verstanden, selbst wenn auch nach solchen Ereignissen PTBS-typische Symptome (s.u.) auftreten können.

Und wir als Psychotherapeuten wissen, dass viele Menschen mit psychischen Erkrankungen früher in ihrer Lebensgeschichte traumatisiert worden sind. So liegt der Anteil z.B. bei Borderline- Persönlichkeitsstörungen bei 50 – 70 %, bei anderen psychischen Erkrankungen, wie Depressionen, Angst- und Suchterkrankungen niedriger.

Aber nicht alle Menschen bekommen nach einem Trauma eine Trauma-Folgestörung: In großen, repräsentativen Studien wurde nachgewiesen, dass zwar 60 % der amerikanischen Bevölkerung einmal in ihrem Leben ein Trauma nach dieser Definition erlebt hatten, aber nur 8% der Männer und 20% der Frauen an einer Posttraumatischen Belastungsstörung, PTBS, erkrankt waren.

Die Ursachen dafür werden kontrovers diskutiert. Einig sind sich die Experten allerdings darüber, dass die Häufigkeit einer PTBS von der Schwere und Dauer des Traumas abhängt. Bei dem Schutz vor Symptomen einer PTBS spielen wohl die Stabilität des sozialen Umfelds und die Resilienz (Widerstandskraft) eine Rolle (siehe Beitrag dazu in diesem Blog).

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Zu den typischen Reaktionen auf Traumen gehören eine große Anzahl von Symptomen. Ganz im Vordergrund steht für die Betroffenen das intensive, sich aufdrängende Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von Erinnerungen, Bildern und Alpträumen. Den Betroffenen gelingt es nicht, diese Erinnerungen und Affekte in den Griff zu bekommen oder zu kontrollieren.

Der Versuch, diese Erinnerungen und Gefühle wegzuschieben, zu verdrängen, zu verleugnen und zu vermeiden, führt oft zu dauerhaften Anspannungen, latenter Unsicherheit, Nervosität, starken Stimmungsschwankungen und oft zu Chronifizierungen.

Außerdem berichten Menschen mit Trauma-Folgestörungen regelmäßig von Erinnerungslücken, emotionalem Abschotten, Dissoziationen (Gefühl der Fremdheit, „Neben sich stehen“), körperlichen und psychischen Unruhezuständne, Nervosität, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Schreckhaftigkeit, Anspannungen, Stimmungsschwankungen, Wutausbrüchen, Gereiztheit, Scham- und Schuldgefühlen, oft von Selbstverletzungen.

Behandlungen: Die Behandlung von Posttraumatischen Belastungsstörungen hängt von dem Trauma, dem Zeitpunkt und der Schwere ab:

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Im ersten Kontakt mit traumatisierten Menschen ist ein emotionaler Beistand wichtiger als eine Psychotherapie.  Wegen der Heftigkeit der Ereignisse ist eine Sicherheit gebende, anteilnehmende Haltung entscheidend.

Erst im späteren Verlauf und bei gravierenden Symptomen ist eine baldige Einleitung einer Psychotherapie notwendig.

Diese sollte nach den vorliegenden Studien zuerst ambulant durchgeführt werden und eine „traumafokussierte Psychotherapie“ sein.

 

Dabei liegen für die kognitive Verhaltenstherapie und die EMDR (Eye Movement Desensibilitation and Reprocessing Therapy“) die besten Ergebnisse zur Evidenz (Wirksamkeit) vor.

Für psychodynamische Therapien zur Behandlung von PTBS liegen bisher keine ausreichenden Daten aus kontrollierten Studien zu Wirksamkeit und Effektstärken vor. Sie sind je nach individueller Diagnostik und Situation der Betroffenen anzuwenden.

Bei der medikamentösen Behandlung liegen in randomisierten kontrollierten Studien die besten Ergebnisse für Antidepressiva (SSRI) vor.

Reichen diese Behandlungen nicht aus, sind stationäre psychotherapeutische Behandlungen notwendig.

Weitere Informationen finden Sie bei den Seiten der AWMF (s.o.), der deutschen Gesellschaft für Psychotraumatologie und beim Trauma-Netzwerk von Frau Dr. med. Beckrath-Wilking.

Burn out und Narzissmus – Warum es nicht ausreicht, nur die Symptome zu behandeln

Menschen kommen mit Beschwerden zum Arzt oder Therapeuten und wollen eine Symptomheilung oder Besserung. So verständlich dieses Anliegen ist, so schwierig ist der Auftrag des Patienten in der Psychosomatik und Psychotherapie.

Am Beispiel von Schlafstörungen lässt sich zeigen, dass ein Schlafmittel oder eine antidepressive Medikation in den meisten Fällen nicht reichen. Denn wenn Schlafmittel oder Schlafhygiene alleine helfen würden, wären Schlafprobleme nicht so ein großes Problem für Tausende von  Menschen. Hängen die Schlafstörunegn mit Depressionen zusammen, geht es um die Behandlung der Depressionen und deren Ursachen. Stehen sie in Zusammenhang mit Problemen am Arbeitsplatz oder im familiären Umfeld, ist eine Besserung nur durch die Auseinandersetzung mit diesen Problemen vorstellbar.

Wenn Menschen immer wieder leistungsfähig und erfolgreich waren, beim kleinsten Anlass aber zusammenbrechen, kann dahinter eine Selbstwertproblematik (Narzissmus) oder eine Burn out-Problematik stehen. Und die Behandlung dieser Erkrankungen ist ganz unterschiedlich.

Bei Patienten mit einer narzisstischen Persönlichkeit steht hinter dem Erfolg oft eine gößere Problematik: die Betroffenen sind angewiesen auf den Erfolg und brauchen diesen zur Stabilisierung ihres meist labilen Selbstwertgefühls. Solange das im Beruf oder im privaten Umfeld gelingt, werden die Betroffenen nicht krank. Wenn narzisstische Menschen jedoch Probleme bekommen, sind sie schnell sehr verunsichert und haben schnell Angst, alles würde zusammenbrechen. Vom Coach oder Therapeuten möchten sie dann meist, dass dieser den alten Zustand wieder herstellt, sie wieder erfolgreich macht. Ihre Verwundbarkeit und ihre Selbstunsicherheit verlieren sie dadurch nicht. „Sie wollen sich nicht verändern, sondern sie wollen sich stabilisieren und perfektionieren.“ (Eidenschink, 2005) Und so bleiben diese Menschen weiter abhängig vom Erfolg, süchtig danach (weiteres zum Thema Narzissmus finden Sie bald in diesem Blog).

Auch Burn out-Patienten kommen mit dem Wunsch, möglichst schnell wieder hergestellt zu werden. Meist leiden sie unter einer schweren Depression und einer Somatisierungsstörung (zahlreiche Beschwerden ohne organische Ursache). Doch wenn sie in der Therapie nur Kraft tanken und den „Akku“ wieder aufladen lassen, ist die nächste Krise vorprogrammiert. In der Therapie geht es deshalb darum, die individuellen Ursachen für einen Burn out herauszufinden. Neben allen gesellschaftlichen Ursachen und Problemen am Arbeitsplatz erkranken nämlich v.a. Menschen mit einem hohen Anspruch, einem großen Verantwortungsbewusstsein und einem ausgeprägten Perfektionismus. Oft sind das Menschen, die schon immer für andere gesorgt haben und die sich schwer tun, für sich selbst zu sorgen.
In unserer Psychosomatik bei München helfen wir, diese Ursachen zu erkennen und manche Haltungen, inneren Antreiber und Verhaltensweisen kritisch zu hinterfragen.

Und auch in der  Trauma-Therapie von Patienten fällt uns in unserer psychosomatischen Abteilung immer wieder auf, dass diese Menschen oft über Jahre gut funktionieren und scheinbar problemlos leben. Es reichen jedoch relativ geringe Anlässe, und die Betroffenen fallen in tiefe Krisen. Erst dann wird deutlich, wie viel Kraft es die Betroffenen gekostet hat, ihre Fassaden aufrecht zu erhalten.
Die Krisen zu behandeln und die dosierte Auseinandersetzung mit den kritischen Themen sind dringend notwendig, um den Betroffenen mit traumatisierenden Erlebnissen in der Vergangenheit zu helfen, nachhaltiger stabil, genussfähig und auch arbeitsfähig zu werden.

Die Liste der Erkrankungen, bei denen eine Symptomheilung ohne die Behandlung von dahinter liegenden Problemen, Persönlichkeitsstörungen oder Konflikten keine nachhaltige Besserung bringt, kann problemlos erweitert werden. An dieser Stelle sollte nur auf die komplexe Problematik hingewiesen werden.

 

Warum werden manche Menschen psychisch krank, andere nicht?

Und was bedeuten Begriffe wie Resilienz und Salutogenese? Patienten fragen uns oft, warum manche Menschen mehr und andere weniger unter vergleichbaren Belastungen und Traumen (seelischen Verletzungen) leiden. Warum werden manche Menschen schwer krank und andere scheinen schwerste Lebensereignisse und traumatisierende Ereignisse in der Lebensgeschichte fast ohne Beschwerden und Krankheiten überstanden zu haben?

Wenn man diese Fragen stellt, antworten viele Therapeuten mit dem Begriff der „Resilienz“ und meinen damit die Widerstandskraft eines Menschen. Wie diese zustande kommt, wird unterschiedlich erklärt. Manche sprechen von Genetik, also angeborenen Fähigkeiten, andere von Umwelteinflüssen.

Mit Salutogenese wird die Lehre von den Bedingungen verstanden, unter denen Gesundheit versteht. Viele Therapeuten versuchen, sich in ihren Behandlungen Widerstandskräfte und gesunde Eigenschaften zu Nutze zu machen.

Dann wird oft auch von Ressourcenorientierung gesprochen, also der Fähigkeit, auf gesunde Anteile oder auf Fähigkeiten zu verweisen, die Menschen haben, auch wenn sie in schweren depressiven Episoden stecken oder schwere Traumen überwinden müssen.

Nach unserer Erfahrung beschäftigt sich jedoch jeder Patient in Therapien mit schwierigen, konflikthaften, belastenden und z.T. traumatischen Erlebnissen und versucht, mit Hilfe des Therapeuten/der Therapeutin besser mit dem Erlebten zurecht zu kommen. Menschen, die jedoch versuchen, ausschließlich positiv zu denken, und die Erlebnisse auszublenden (zu verdrängen), die zu belastend erscheinen, bleiben instabil und verletzlich.

Es handelt sich in Therapien u.E. also nicht um einen Gegensatz zwischen negativen Gedanken und Erinnerungen auf der einen Seite, die ausgeblendet werden müssen, und positiven Ressourcen oder Resilienz auf der anderen Seite.

Damit es möglich ist, in Therapien über konflikthafte, traumatische Erinnerungen zu sprechen oder über Themen, die man meint, emotional nicht aushalten zu können, muss die „therapeutische Beziehung“ stabil und angstfrei sein. Wenn das den Betroffenen trotzdem nicht möglich ist, können spezielle Verfahren z.B. aus der Traumatherapie oder Borderline-Therapie angewandt werden (Imagination, EMDR, Skills,….).

Und die Frage, wie stabil oder angstfrei Menschen sind, hängt in den meisten Fällen von der Lebensgeschichte, Beziehungen zu frühen Bezugspersonen und den erlebten psychischen und körperlichen Verletzungen (Traumen) ab.

Gelernte Verhaltensweisen und Beziehungserlebnisse prägen uns alle  mehr als uns bewusst ist.

Es ist für jeden Menschen wichtig, ob er in einer stabilen, angstfreien Umgebung mit verlässlichen und wohl wollenden Bezugspersonen groß wurde, oder ob Unsicherheit, Angst und Kontaktabbrüche die Lebensgeschichte bestimmen (vereinfachte Darstellung).

Davon hängt also die Widerstandskraft: Resilienz ab.

Und immer wieder behandeln wir in unserer Psychosomatik bei München auch Menschen, die zwar in ihrer Kindheit und Jugend belastende oder traumatisierende Erfahrungen und Erlebnisse hatte, aber immer wieder Jahrzehnte lang mit viel Kraft und Erfindungsreichtum in Beruf und Privatleben gut zurecht gekommen sind. Akute Probleme können bei solchen Menschen (mit z.T. unverarbeiteten Konflikten) jedoch zu sehr schweren Krisen führen, die die Betroffenen oft selbst nicht für möglich gehalten hatten.

Oft ist es in Therapiuen dann notwendig, sich auch mit alten noch nicht verheilten Wunden zu beschäftigen, um wieder stabil, arbeitsfähig und ausgeglichen werden zu können.

Unsere stationäre und teilstationäre Behandlungen sind dann oft nur der Start und die Vorbereitung für eine weiterführende ambulante Behandlung.