Burn out und Narzissmus – Warum es nicht ausreicht, nur die Symptome zu behandeln
Menschen kommen mit Beschwerden zum Arzt oder Therapeuten und wollen eine Symptomheilung oder Besserung. So verständlich dieses Anliegen ist, so schwierig ist der Auftrag des Patienten in der Psychosomatik und Psychotherapie.
Am Beispiel von Schlafstörungen lässt sich zeigen, dass ein Schlafmittel oder eine antidepressive Medikation in den meisten Fällen nicht reichen. Denn wenn Schlafmittel oder Schlafhygiene alleine helfen würden, wären Schlafprobleme nicht so ein großes Problem für Tausende von Menschen. Hängen die Schlafstörunegn mit Depressionen zusammen, geht es um die Behandlung der Depressionen und deren Ursachen. Stehen sie in Zusammenhang mit Problemen am Arbeitsplatz oder im familiären Umfeld, ist eine Besserung nur durch die Auseinandersetzung mit diesen Problemen vorstellbar.
Wenn Menschen immer wieder leistungsfähig und erfolgreich waren, beim kleinsten Anlass aber zusammenbrechen, kann dahinter eine Selbstwertproblematik (Narzissmus) oder eine Burn out-Problematik stehen. Und die Behandlung dieser Erkrankungen ist ganz unterschiedlich.
Bei Patienten mit einer narzisstischen Persönlichkeit steht hinter dem Erfolg oft eine gößere Problematik: die Betroffenen sind angewiesen auf den Erfolg und brauchen diesen zur Stabilisierung ihres meist labilen Selbstwertgefühls. Solange das im Beruf oder im privaten Umfeld gelingt, werden die Betroffenen nicht krank. Wenn narzisstische Menschen jedoch Probleme bekommen, sind sie schnell sehr verunsichert und haben schnell Angst, alles würde zusammenbrechen. Vom Coach oder Therapeuten möchten sie dann meist, dass dieser den alten Zustand wieder herstellt, sie wieder erfolgreich macht. Ihre Verwundbarkeit und ihre Selbstunsicherheit verlieren sie dadurch nicht. „Sie wollen sich nicht verändern, sondern sie wollen sich stabilisieren und perfektionieren.“ (Eidenschink, 2005) Und so bleiben diese Menschen weiter abhängig vom Erfolg, süchtig danach (weiteres zum Thema Narzissmus finden Sie bald in diesem Blog).
Auch Burn out-Patienten kommen mit dem Wunsch, möglichst schnell wieder hergestellt zu werden. Meist leiden sie unter einer schweren Depression und einer Somatisierungsstörung (zahlreiche Beschwerden ohne organische Ursache). Doch wenn sie in der Therapie nur Kraft tanken und den „Akku“ wieder aufladen lassen, ist die nächste Krise vorprogrammiert. In der Therapie geht es deshalb darum, die individuellen Ursachen für einen Burn out herauszufinden. Neben allen gesellschaftlichen Ursachen und Problemen am Arbeitsplatz erkranken nämlich v.a. Menschen mit einem hohen Anspruch, einem großen Verantwortungsbewusstsein und einem ausgeprägten Perfektionismus. Oft sind das Menschen, die schon immer für andere gesorgt haben und die sich schwer tun, für sich selbst zu sorgen.
In unserer Psychosomatik bei München helfen wir, diese Ursachen zu erkennen und manche Haltungen, inneren Antreiber und Verhaltensweisen kritisch zu hinterfragen.
Und auch in der Trauma-Therapie von Patienten fällt uns in unserer psychosomatischen Abteilung immer wieder auf, dass diese Menschen oft über Jahre gut funktionieren und scheinbar problemlos leben. Es reichen jedoch relativ geringe Anlässe, und die Betroffenen fallen in tiefe Krisen. Erst dann wird deutlich, wie viel Kraft es die Betroffenen gekostet hat, ihre Fassaden aufrecht zu erhalten.
Die Krisen zu behandeln und die dosierte Auseinandersetzung mit den kritischen Themen sind dringend notwendig, um den Betroffenen mit traumatisierenden Erlebnissen in der Vergangenheit zu helfen, nachhaltiger stabil, genussfähig und auch arbeitsfähig zu werden.
Die Liste der Erkrankungen, bei denen eine Symptomheilung ohne die Behandlung von dahinter liegenden Problemen, Persönlichkeitsstörungen oder Konflikten keine nachhaltige Besserung bringt, kann problemlos erweitert werden. An dieser Stelle sollte nur auf die komplexe Problematik hingewiesen werden.