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Pathologisches Spielverhalten ist schwer zu behandeln

Ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 4. Mai  zur Spielsucht ist aus mehreren Gründen interessant:

  • er berichtet über 185.000 Menschen, die unter „pathologischem (krankhaftem) Spielverhalten“ leiden.
  • Dieser Artikel findet sich im Wirtschaftsteil der SZ.
  • Es wird die aktuelle Steueraffäre des Fußballmanagers des FC Bayern in Zusammenhang mit dieser Sucht gebracht (siehe dazu auch die ZEIT vom  2. Mai 2013).

In diesem Blog geht es selbstverständlich nicht um die Steueraffäre und nicht um die Person, sondern um Spielsucht als Krankheit, die behandelt werden sollte.

Doch wie kommt es zu einer Spielsucht oder „pathologischem Spielverhalten? Im Artikel wird die Psychotherapeutin Monika Spiegel mit dem zentralen Satz zitiert: „Die Sucht ist nur ein Symptom.“ Dahinter liegen meist zahlreiche Konflikte im Alltag und in der Lebensgeschichte von Betroffenen. Oft gibt es ein ausgeprägtes Minderwertigkeitsgefühl und in der Kindheit Mangel an Zuwendung und oft traumatische Erfahrungen. Die Spielsucht dient dann dazu, diese Gefühle zu überdecken und nicht spüren zu müssen.

Oft haben schmerzhafte Erfahrungen von wenig Bestätigung, Aufmerksamkeit und Liebe in Kindheit und Jugend dazu geführt, dass die Betroffenen süchtig sind nach Anerkennung und Bestätigung. Menschen mit diesem persönlichen Hintergrund sind getrieben vom Zwang, erfolgreich sein zu müssen und sind es meist auch. Oft  sind die „Betroffenen auch besonders erfolgreich in Beruf, Sport, Wirtschaft oder Politik“ (Spiegel).

Doch für diese Menschen führt der Erfolg nicht zu Zufriedenheit, Gelassenheit und Selbstvertrauen. Sondern Unruhe und Unsicherheit lassen meist nicht nach. Denn es geht den narzisstischen Menschen immer wieder darum, schlechte Stimmungen zu vertreiben, eine Leere zu kompensieren und sich großartig zu fühlen. Diese Problematik wird im Fachjargon Narzissmus“ oder narzisstische Persönlichkeitsstörung genannt. Denn die Betrofffenen sind nicht nur erfolgreich, sie sind abhängig vom Erfolg. Sie leiden oft ein Leben lang unter Unsicherheiten, Selbstwertkrisen, Stimmungsschwankungen und Risiko-Verhalten, wie z.B. Spielsucht. Kleinste Misserfolge oder ganz alltägliche Krisen können zu tiefen psychischen Krisen, Wutausbrüchen und auch zu Risikoverhalten führen.

Deshalb ist eine professionelle psychotherapeutische Behandlung wichtig. Denn Medikamente helfen hier nicht. Aber Die Behandlung von pathologischem Spielverhalten ist auch deshalb so schwierig, weil es nicht nur um die Aufgabe des pathologischen, „dysfunktionellen“ Verhaltens geht. Dazu wäre eine Verhaltenstherapie die richtige Therapie.

Sondern es sollte auch die dahinter liegende Problematik (Narzissmus) erkannt und mitverhandelt werden.

Deswegen klären wir bei der Behandlung in unserer psychosomatischen Abteilung bei München vor Behandlungsbeginn in einem diagnostischen Vorgespräch, ob eine Verhaltenstherapie zur Behandlung des Verhaltens oder eine psychoanalytisch begründete Therapie, wie wir sie durchführen, zur Behandlung der hier beschriebenen Persönlichkeit  notwendig ist.

Weitere Informationen zum Thema erhalten Sie auch auf der Internetseite der „Landesstelle für Glückspielsucht in Bayern“: http://www.lsgbayern.de

 

„Positives Denken macht krank“

Das war ein Buchtitel von Dr. Günter Scheich, erstmals veröffentlicht im Jahre 1997. Der Titel überrascht. Gibt es doch Hunderte von Büchern, Seminaren und Fortbildungen zum Positiven Denken„.

Alle kennen Titel, wie: „Erfolg durch positives Denken“, „die unendliche Quelle Ihrer Kraft“, „Die Macht des positiven Denkens“, „Glück ist kein Zufall“, „Wie eine positive Haltung Ihr Leben dauerhaft verändert“  und „Sorge Dich nicht – lebe!“ Eine ganze Industrie lebt davon. Immer wieder wird Menschen in schwierigen Situationen, bei schweren Erkrankungen oder Trauerfällen auch von Ärzten, Coaches und Pflegekräften geraten, „positiv zu denken“.

Doch die Wirksamkeit dieser Methode wurde nie nachgewiesen. Die amerikanische Autorin Barbara Ehrenreich setzt sich sehr vehement und kritisch mit diesem Denken auseinander. In Ihrem Buch „Smile or Die. Wie die Ideologie des positiven Denkens die Welt verdummt“  bezeichnet sie das positive Denken als Ideologie und Virus. Sie kritisiert die Auswirkungen für das Gesundheitssystem. die Wirtschaft und das Finanzsystem und macht z.B. für die Wirtschaftskrise einen typischen Realitätsverlust durch positives Denken verantwortlich.

Und es gibt wirklich zahlreiche Untersuchungen, die Frau Ehrenreich Recht geben und zeigen, dass die Auseinandersetzungen mit Problemen und kritischen Themen z.B. in Psychotherapie und Psychosomatik besser dazu geeignet sind, dass Menschen wieder gesund werden.

Das hilft besser, als sich immer wieder einzureden, alles sei gut, man müsse nur positiv denken. Ganz abgesehen von den Schuldgefühlen, die es macht, wenn das positive Denken nicht weiter hilft.

Günter Scheich unterscheidet zwischen gesundem Optimismus, der auf Fähigkeiten, Kenntnisse und richtiger Einschätzung von Situationen aufbaut. Diesen gesunden Optimismus unterscheidet er von einem „platten positiven Denken“, das als Allheilmittel gesehen wird, mit dem man alles erreichen kann. Alle „negativen“ Gedanken und Gefühle würden verteufelt und es wird so getan, als wenn diese keine Bedeutung hätten.

„Wir wissen gerade in der Psychologie, dass Trauer, Wut, Ärger, Aggressionen ganz wichtige Empfindungen sind, nicht nur zur Selbstfindung, sondern auch zur Selbstbehauptung und zur Selbstabgrenzung.“  „Es führt auch zu Depressionen, wenn Menschen in aufgesetzter Weise sagen: Ich muss gut drauf sein, ich muss positiv denken. Es tritt wie beim Stottern oder Zittern das Gegenteil von dem ein, was man will.“ (Interview, bvvp 1, 2006).

Auch eigene Erfahrungen aus unserer Tagesklinik bestätigen, dass Menschen immer kränker werden, wenn sie zwanghaft versuchen, trotz schwerer depressiver Erkrankung und massiver Problemen in Familie und am Arbeitsplatz positiv zu denken. So waren z.B. die Selbstvorwürfe und die Depressionen und das Burn out einer Führungskraft in einem großen Unternehmen durch ein Coaching immer stärker geworden. Dort hatte man versucht, ihm einzureden, er könne weiter funktionieren, wenn er „positiv denke.“ Dabei war der Mann körperlich und psychisch am Ende.

In diesem Zusammenhang ist auch ein Artikel in Zeit online zu empfehlen, der sich kritisch mit dem positiven Denken auseinandersetzt: Gute Laune auf Befehl www.zeit.de/zeit-wissen/2011/01/Denk-nicht-positiv

Lesen Sie auch den aktuellen Blog zum Thema:Positives Denken macht krank (Teil II)-Aber es gibt Hoffnung

 

Mobbing und die gesundheitlichen Folgen – Wir haben Erfahrungen damit

Viele Menschen kommen in unsere Psychosomatische Abteilung bei München mit Arbeitsplatzkonflikten. Immer mehr sind überfordert und leiden unter Burn out (siehe dazu die Beiträge in diesem Blog). Immer wieder ist aber auch Mobbing am Arbeitsplatz der Grund für die Aufnahme in unsere Station oder Tagesklinik.

Wir helfen Ihnen, mit den Folgen von Mobbing zurecht zu kommen und Arbeitsplatzkonflikte von persönlichen Konflikten zu unterscheiden; damit sie wieder in der Lage sind, gesund zu werden und Ihre berufliche Situation zu klären.

Doch was ist Mobbing eigentlich genau und woher kommt der Begriff ?

Konrad Lorenz hat den Begriff Mobbing als Erster  1963 verwendet. Er bezeichnete damit Gruppenangriffe auf einen überlegenen Feind. Der Arzt Peter Heinemann bezeichnete damit Gruppenangriffe auf eine von der Norm abweichende Person.

Die erste systematischen Forschungsergebnisse zu Mobbing stammen vom deutsch-schwedischen Arbeitspsychologen/Mediziner Heinz Leymann.

Definition: Mit Mobbing werden feindliche und unethische Verhaltensweisen, negative Kommunikation, destruktive Handlungen bis zu Isolation, persönliche Angriffe gegenüber einer Person und Ausgrenzung am Arbeitsplatz bezeichnet. Sie führen zur nachhaltigen Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit und Befindlichkeit. Das kann zu schweren Depressionen, Angstzuständen, schweren Selbstwertkrisen und zahlreichen körperlichen Beschwerden (Somatisierungsstörungen) und Suchtverhalten führen.

Die Angriffe gehen gezielt auf die sozialen Beziehungen, das soziale Ansehen, die Möglichkeit, sich mitzuteilen, auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation und auf die Gesundheit. Meist finden keine offenen Gespräche, keine Klärungen mehr statt. Stattdessen wird der Kontakt verweigert, werden die Betroffenen ausgegrenzt und gleichzeitig mit abwertenden Blicken und Gesten verunsichert und irritiert. Das kann bis zu Telefonterror, mündlichen oder schriftlichen Drohungen gehen. Außerdem werden gezielt Gerüchte gestreut und die Betroffenen lächerlich gemacht.

Neuere Untersuchungen geben die Häufigkeit von Mobbing mit 11,3% der Erwerbstätigen an (n= 4.396). Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Im Gesundheits- und Erziehungsbereich, im Öffentlichen Dienst und im Kreditgewerbe ist Mobbing am weitesten verbreitet.

Die Ursache von Mobbing liegt in den meisten Fällen in einem Konflikt, der nicht gelöst wird und unter der Oberfläche weiterschwelt. Mobbingbetroffene können Symptomträger einer kranken Organisation sein. Der Mobbingprozess kann stabilisierende Funktion für die Gruppe oder Organisation haben.

Immer wieder kommen bei Mobbing drei verschiedene negative Faktoren zusammen: Gesellschaftliche Faktoren (Arbeitsunsicherheit), betriebliche Faktoren (unklare Strukturen, schwache Führung) und persönliche Faktoren (Schwierigkeit der Betroffenen, sich zu wehren).

Zur Vermeidung von Mobbing sind klare Strukturen und transparente Organisation, offene und direkte Kommunikation und klare Kompetenzen und Zuständigkeiten notwendig.

Zu den individuellen Maßnahmen gehören die Mobilisierung von Unterstützung und Stärkung der Eigenkompetenz, die Einleitung von rechtlichen Schritten, ggf. Kündigung und, wenn notwendig, der Beginn eine Therapie, wie wir sie in unserer Abteilung anbieten.

 

 

Selbständigkeit im Alter durch psychische Gesundheit und moderne Techniken

Körperliche und psychische Gesundheit sind zentrale Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes Leben im Alter.

Dafür haben wir in der psychosomatischen Abteilung der Kreisklinik Ebersberg bei München seit 2011 eine Behandlungsgruppe für ältere Menschen eingerichtet, die von immer mehr Menschen aus der Region und dem Landkreis in Anspruch genommen wird.

Wir alle wünschen uns, bis ins hohe Alter körperlich und psychisch gesund zu bleiben und ein glückliches und selbstbestimmtes Leben zu führen. Dazu verhelfen wir Menschen mit körperlichen Erkrankungen und psychischen Krisen in unserer psychosomatischen Behandlung für Ältere: 55plus (siehe diesen Blog). Hier behandeln wir Menschen, die um die 60 Jahre und älter sind, mit einem individuellen Behandlungsprogramm.

Denn der Bedarf wächst, wie viele Berichte und Untersuchungen zeigen. Doch es gibt im Vergleich dazu wenig spezielle Angebote in der Psychosomatik. Untersuchungen zeigen auch, dass zwar 50 % der Menschen über 70 Jahre  psychische und psychotherapeutische Hilfe bräuchten, aber nur nur 2 % davon wirklich in Behandlung gehen.

Deshalb sehen wir eine wichtige Aufgabe – auch unseres Blogs – darin, Ängste und Vorbehalte vor Hilfen, Behandlungen und Therapie abzubauen und den Betroffenen oder den Angehörigen zu helfen, sich professionelle Hilfen zu holen.

Das unterstützt Menschen dabei, ihre Selbstständigkeit im Alter zu erhalten, chronischen Krankheiten vorzubeugen und dazu auch dringend notwendige, medizinische Hilfen in Anspruch zu nehmen.

Wir Ärzte und Ärztinnen der psychosomatischen Abteilung haben deshalb in den letzten Jahren Menschen auch medizinisch behandelt und dabei geholfen, ihren Diabetes wieder besser einzustellen, ihre Bluthochdruck Medikamente wieder einzunehmen, wieder besser zu schlafen und notwendige Kontrolluntersuchungen zu machen.

Therapeutisch haben wir vielen Menschen dabei geholfen, aktiver zu werden, sich wieder unter Menschen zu trauen, sich körperlich zu bewegen und ihre Depressionen und Ängste los zu werden.

Das sehen wir als die beste Vorsorge gegen Hilflosigkeit und Abhängigkeit. Das hilft älteren Menschen dabei: „Länger  daheim zu wohnen“, wie die SZ am Donnerstag, den 7.3.13 schrieb (siehe SZ-Archiv).

Unsere Vorstellung ist, moderne Techniken nicht nur dafür einzusetzen, „schnell Hilfen zu holen“, wie die SZ schrieb, sondern Menschen aktiv zu helfen, mit neuen Medien (Internet, E-Mail) zurecht zu kommen, um aktiv und in Kontakt mit ihren Angehörigen und Freunden zu bleiben. Dabei können Tablet Computer helfen, spielerisch ins Internet zu kommen, Leistungstests und diagnostische Tests zu machen und spielerische Konzentrations- und Gedächtnisübungen in der Gruppe mit Anderen der gleichen Altersgruppe zu trainieren.

Als Mediziner und Psychotherapeuten setzen wir uns für viel früheren Einsatz von neuen Techniken ein. Sie sollen helfen, dass Menschen selbstständig und aktiv im Kontakt mit ihren Mitmenschen bleiben, lange bevor sie „virtuelle Gesundheitsassistenten“ zum Blutdruckmessen und zum Alarmieren von Notärzten brauchen.