In der Psychosomatik werden Schwerkranke mit Psychotherapie behandelt

„Schwerkranke werden schlechter versorgt.“ Diesen Eindruck versuchte ein Artikel in Spiegel-online am 26.6.13 zu vermitteln (siehe auch retweet auf @pso_ebe). In dem Artikel heisst es: „Das Budget für psychisch Schwerkranke schrumpft zugunsten weniger belasteter Menschen wie Burn out-Patienten. Experten warnen vor der Entwicklung einer Zweiklassenpsychiatrie – und dem Entgeltsystem der Kassen“.

Und dieser Artikel ist aus mehreren Gründen ärgerlich: er ist irreführend, er richtet sich gegen die Psychosomatik und Psychotherapie und gegen Patienten, die unter schweren Erkrankungen leiden, und bei denen aufwendige, intensive tägliche Psychotherapie in psychosomatischen Abteilungen oder psychotherapeutischen Abteilungen in der Psychiatrie notwendig sind (wie z.B. Burn out-Patienten).

In unserer Psychosomatik bei München behandlen wir seit Jahren Menschen mit Burn out Syndrom, bei denen zur Heilung eine intensive tägliche Psychotherapie notwendig ist. Diese Patienten sind schwer erkrankt und brauchen stationäre oder tagesklinische Behandlungen (s.u.). 

Herr Prof. Maier, Präsident der DGPPN, wird im Artikel mit den Worten zitiert: „Insbesondere Menschen mit chronischen und schweren psychischen Krankheiten sind benachteiligt.“ Von Herrn Prof. Beine, (ACKPA) wird  berichtete, er hätte Gespräche mitgehört, „welche Erkrankungen lukrativer“ seien. Frau Dr. Haudt, Vorsitzende der Bundesdirektorenkonferenz, warnt nach Worten der Autorin davor, dass auch „die Klinken in Gefahr laufen würden, in eine Versorgungsschieflage zu geraten.“

Mit all dem entsteht für die Öffentlichkeit und Patienten der Eindruck, die Finanzierungen von Behandlungen seien in Gefahr, „Schwerkranke würden schlechter versorgt“ und Burn out sei keine ernste Erkrankung, im Vergleich zu schweren psychiatrischen Erkrankungen wie z.B. chronische Schizophrenien.

Aber hinter einer „flotten Schreibe“ verstecken sich viele Fehler, tendenziöse Darstellungen, Interessen von Fachverbänden und wohl auch falsche Zitate von verantwortlichen Fachvertretern.

1. Denn das neue PEPP-Entgeltsystem soll gerade eine leistungsgerechte Vergütung ermöglichen. Es ist das ausgesprochene Ziel dieser Neuordnung der Vergütung, in Psychiatrie und Psychosomatik schwere Erkrankungen mit hohem Behandlungsaufwand höher zu vergüten als Behandlungen die weniger aufwändig sind und weniger Kosten verursachen (siehe mehr zum PEPP-Entgeltsystem in diesem Blog).

Deshalb brauchen sich die Fachverbände keine Sorgen über die eigenen Patientengruppen machen, sondern können ihren Beitrag dazu leisten, dass verschiedenen Behandlungen (intensive Betreuung, intensive Psychotherapie, medikamentöse Behandlungen) im neuen PEPP-Entgeltsystem gut abgebildet und angemessen vergütet werden.

Dieses Entgeltsystem kommt auch nicht auf Veranlassung der Kassen, sondern ist ein Gesetz der Bundesregierung, das durch die Selbstverwaltung umgesetzt werden muss !!!

2. Psychotherapeutische Behandlungskonzepte, die den Kern störungsspezifischer Behandlungsangebote bilden, helfen auch bei schwersten psychischen Erkrankungen wie zum Beispiel Essstörungen oder Borderline-Persönlichkeitsstörungen. „Eine schwere Magersucht, Borderline-Persönlichkeitsstörungen oder chronische Zwangserkrankung werden in psychosomatischen Kliniken sehr gut und vor allem mit langfristigem Erfolg psychotherapeutisch behandelt. Eine medikamentöse Behandlung alleine reicht bei diesen Krankheitsbildern nicht aus“, so Dr. Claus Krüger, Vorstandsmitglied des VPKD. „Das zeigt insbesondere die Qualitätsmessung unserer Mitgliedskliniken.“ Der VPKD erhofft sich vom neuen Entgeltsystem und einer begleitenden Qualitätsmessung künftig mehr Transparenz über die Leistungen von Psychosomatik und Psychiatrie – sowohl bei Behandlungsergebnissen als auch beim dahinter stehenden Aufwand (Zitat aus einer Presseerklärung des VPKD).

3. Burn out-Erkrankungen sind ernste Krankheitsbilder, die früh diagnostiziert und je nach Schweregrad behandelt werden müssen. Denn hinter dem Begriff Burn out verbergen sich schwere Depressionen und Somatisierungsstörungen (siehe die Beiträge dazu in diesem Blog). Und niemand würde bestreiten, dass es sich hierbei um ernste, behandlungsbedürftige Erkrankungen handelt.

Denn die Zunahme der psychischen Erkrankungen in den Gesundheitsberichten der Krankenkassen (AOK, Barmer-GEK, TKK) gehen auf das Konto von Depressionen, Burnout, Somatisierungsstörungen und weiteren ernst zu nehmenden Erkrankungen, die nur mit Psychotherapie ggf. mit zusätzlicher medikamentöser Behandlung) leitliniengerecht behandelt werden können und müssen.

Dazu sind Psychosomatiker wie Psychiater gemeinsam aufgefordert.

Resilenz* – Das Problem mit der Widerstandskraft

*An der Schreibweise können Sie sehen, dass auch ich ein Problem mit der Resilienz habe. – (Vielen Dank an die Patientin, die mich darauf hingewiesen hat).- In diesem Blog haben wir schon an einigen Stellen über positives Denken und die Frage, warum manche Menschen krank werden und andere nicht, geschrieben (siehe dort).

Zwei Bücher über Resilienz haben mich jetzt dazu veranlasst, auf diesen Begriff und das dahinter liegende Konzept noch einmal einzugehen.

M. Gruhl und H. Körbacher* schreiben: „Mit Resilienz leichter durch den Alltag.“ Im Buch von Frau Prof. Heller** heisst es: Wir alle brauchen Resilienz, eine innere Stärke, um mit den vielen Herausforderungen im Leben gut umgehen zu können.“ und: „Resilienz können Sie gezielt trainieren, indem Sie sieben Schlüsselstärken durch bestimmte Übungen entwickeln, ausbauen und festigen.“

Nach den Ausführungen in beiden Büchern handelt es sich bei den Schlüsselstärken oder Grundhaltungen um Optimismus, Akzeptanz, Selbstwirksamkeit, Verantwortung, Netzwerkorientierung, Lösungsorientierung und Zukunftsorientierung. Diese zu entwickeln und auszubauen, soll Stabilität im Alltag bringen.

Die Autoren betonen, dass der Ausbau dieser Schlüssel auch die Widerstandkraft gegen Krisen stärkt. In beiden Büchern leiten sie dazu an, wie man diese Fähigkeiten lernen und „trainieren“ kann.

Zwar betont v.a. Frau Heller, dass der Umgang mit Problemen und Schwierigkeiten und die Widerstandskraft normalerweise in der Kindheit gelernt werden. Sie zählt auch die fördernden Bedingungen auf, die zu dieser Widerstandskraft führen : enge soziale Bindungen zu mindestens einer Bezugsperson, Akzeptanz, Respekt und Unterstützung.

Doch alle Autoren betonen, dass Erwachsene diese Widerstandskraft nur durch Training selbstständig und ohne Hilfe erlernen können.

Dazu finden sie z.T. blumige Begriffe wie: das Immunsystem der Seele oder die Stehaufmännchen-Kompetenz.

Aber hier greifen diese Konzepte zu kurz !

Denn die tägliche Praxis in Psychotherapien und Psychosomatik zeigt, dass Verhaltensänderungen nicht nur durch Erkenntnisse und Kraftanstrengungen allein erreicht werden kann. Dann müssten Menschen in Krisen nur die richtigen Bücher lesen und sich um diese „Schlüsselstärken“ bemühen. Patienten, die trotz Durchblutungsstörungen und Herzerkrankungen rauchen, oder trotz Diabestes zuviel essen, wären selber schuld, weil sie sich nicht genug bemühen.

Das Problem ist doch eher, dass wir alle immer wieder viele Dinge machen, von denen wir wissen, dass sie uns nicht gut tun oder ungesund sind. Das gilt sowohl für unser Privatleben als auch für den Beruf.

Dafür gibt es Gründe, die uns meist nicht bewusst sind und die der Vernunft allein nicht zugänglich sind. Hier reichen gute Vorsätzen allein nicht. Freud sprach vom Unbewussten. Wir denken, es hat viel mit der Lebensgeschichte zu tun und mit Affekten und Erlebnissen, die nicht auszuhalten waren und verdrängt wurden.

Das heisst, wir haben es alle immer wieder mit Lebenssituationen zu tun, in denen wir überfordert sind und professionelle Hilfe, Coaching und Therapien brauchen.

In unserer Psychosomatik bei München helfen wir Menschen in Krisen und mit Depressionen, die zu uns gekommen sind, weil sie selbst nicht mehr weiter gekommen sind und intensive tägliche Therapie brauchen, um diese eigenen Kräfte erst wieder zu entdecken und zu spüren, an welchen Stellen sie sich überfordert haben. All diesen Menschen hilft das Resilienz-Konzept nicht weiter.

Bei vielen Betroffenen verstärkt dieses Konzept nur die Selbstvorwürfe und Versagensgefühle. Und wir behandeln immer wieder Menschen, die durch eine zu starke Fixierung auf das Resilienz-Konzept noch tiefer in ihre Krisen geraten sind.

Weil wir uns nicht einfach nach den Anleitungen und Tips von solchen Büchern, wie dem von Frau Prof. Heller* selbst aus Krisen helfen und vor Überforderungen schützen können.

* M. Gruhl und H. Körbacher: Mit Resilienz leichter durch den Alltag, Kreuz Verlag 2012

** J.Heller: Resilienz, sieben Schlüssel für mehr innere Stärke, G U Verlag 2013

93 % Patientenzufriedenheit in der Psychosomatik Ebersberg

Wir haben die Fragebögen zur Patientenzufriedenheit ausgewertet, die wir allen Patienten geben, die wir in unserer Abteilung für Psychosomatik bei München behandeln.  (Qualitätssicherung).

93,3% der Befragten der letzten 2,5 Jahre sind mit der Behandlung zufrieden und würden unsere Abteilung jederzeit Freunden und Bekannten weiterempfehlen.*

Bei dieser Befragung von 420 Patienten der letzten 2,5 Jahre bewerteten 73,1 % der Befragten die ärztliche/therapeutischen Betreuung mit gut bis sehr gut.

Das ärztlich / therapeutische Verständnis und Einfühlungsvermögen  wurde von 99 % mit gut bis sehr gut bewertet.

 82,9 % der Befragten bewerteten die Betreung durch die Pflegekräfte mit gut bis sehr gut.

Das pflegerische Verständnis und Einfühlungsvermögen  wurde von 81,3 % mit gut bis sehr gut bewertet.

Dieses Ergebnis gibt uns recht und bestärkt uns darin, unser erfolgreiches Konzept der psychosomatischen Behandlung in Station und Tagesklinik bei München fortzuführen und weiter auszubauen. Und darauf sind wir stolz:

  • eine individuelle Behandlung
  • kurze Wartezeiten
  • eine Behandlung aus einem Guss in Station und Tagesklinik
  • unsere psychoanalytisch begründeten Therapieverfahren
  • die psychosomatische Behandlung im Allgemeinkrankenhaus
  • Gute Bewertungen im Internet**

*Befragung von insgesamt 420 Patienten über die letzten drei Jahre (2011, 2012 bis Mai 2013)

** z.B. bei:www. klinikbewertungen.de

Neuerungen ab Juli 2013

Und wir werden immer bekannter. Dadurch wachsen leider auch die Wartezeiten für ein Vorgespräch in unserer Abteilung. Um auch in Zukunft kurze Wartezeiten anbieten zu können und Ihnen in dringenden Fällen schneller helfen zu können, werden wir ab Juli auf unserer Homepage einen kurzen Fragebogen anbieten. Wenn Sie diesen ausfüllen und an uns mailen, bekommen Sie schneller einen Termin in unserer Abteilung. Ab Juli werden wir auch einen monatlichen Informationsabend einrichten, an dem Sie die Abteilung kennenlernen können.

Ab 2014 planen wir außerdem, eine eigene Ambulanz einzurichten, um Patienten in akuten Notsituationen und Krisen, wenn sie keinen ambulanten Therapieplatz bekommen können, schnelle ambulante Hilfe anzubieten (weiter Informationen dazu in diesem Blog).

Pathologisches Spielverhalten ist schwer zu behandeln

Ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 4. Mai  zur Spielsucht ist aus mehreren Gründen interessant:

  • er berichtet über 185.000 Menschen, die unter „pathologischem (krankhaftem) Spielverhalten“ leiden.
  • Dieser Artikel findet sich im Wirtschaftsteil der SZ.
  • Es wird die aktuelle Steueraffäre des Fußballmanagers des FC Bayern in Zusammenhang mit dieser Sucht gebracht (siehe dazu auch die ZEIT vom  2. Mai 2013).

In diesem Blog geht es selbstverständlich nicht um die Steueraffäre und nicht um die Person, sondern um Spielsucht als Krankheit, die behandelt werden sollte.

Doch wie kommt es zu einer Spielsucht oder „pathologischem Spielverhalten? Im Artikel wird die Psychotherapeutin Monika Spiegel mit dem zentralen Satz zitiert: „Die Sucht ist nur ein Symptom.“ Dahinter liegen meist zahlreiche Konflikte im Alltag und in der Lebensgeschichte von Betroffenen. Oft gibt es ein ausgeprägtes Minderwertigkeitsgefühl und in der Kindheit Mangel an Zuwendung und oft traumatische Erfahrungen. Die Spielsucht dient dann dazu, diese Gefühle zu überdecken und nicht spüren zu müssen.

Oft haben schmerzhafte Erfahrungen von wenig Bestätigung, Aufmerksamkeit und Liebe in Kindheit und Jugend dazu geführt, dass die Betroffenen süchtig sind nach Anerkennung und Bestätigung. Menschen mit diesem persönlichen Hintergrund sind getrieben vom Zwang, erfolgreich sein zu müssen und sind es meist auch. Oft  sind die „Betroffenen auch besonders erfolgreich in Beruf, Sport, Wirtschaft oder Politik“ (Spiegel).

Doch für diese Menschen führt der Erfolg nicht zu Zufriedenheit, Gelassenheit und Selbstvertrauen. Sondern Unruhe und Unsicherheit lassen meist nicht nach. Denn es geht den narzisstischen Menschen immer wieder darum, schlechte Stimmungen zu vertreiben, eine Leere zu kompensieren und sich großartig zu fühlen. Diese Problematik wird im Fachjargon Narzissmus“ oder narzisstische Persönlichkeitsstörung genannt. Denn die Betrofffenen sind nicht nur erfolgreich, sie sind abhängig vom Erfolg. Sie leiden oft ein Leben lang unter Unsicherheiten, Selbstwertkrisen, Stimmungsschwankungen und Risiko-Verhalten, wie z.B. Spielsucht. Kleinste Misserfolge oder ganz alltägliche Krisen können zu tiefen psychischen Krisen, Wutausbrüchen und auch zu Risikoverhalten führen.

Deshalb ist eine professionelle psychotherapeutische Behandlung wichtig. Denn Medikamente helfen hier nicht. Aber Die Behandlung von pathologischem Spielverhalten ist auch deshalb so schwierig, weil es nicht nur um die Aufgabe des pathologischen, „dysfunktionellen“ Verhaltens geht. Dazu wäre eine Verhaltenstherapie die richtige Therapie.

Sondern es sollte auch die dahinter liegende Problematik (Narzissmus) erkannt und mitverhandelt werden.

Deswegen klären wir bei der Behandlung in unserer psychosomatischen Abteilung bei München vor Behandlungsbeginn in einem diagnostischen Vorgespräch, ob eine Verhaltenstherapie zur Behandlung des Verhaltens oder eine psychoanalytisch begründete Therapie, wie wir sie durchführen, zur Behandlung der hier beschriebenen Persönlichkeit  notwendig ist.

Weitere Informationen zum Thema erhalten Sie auch auf der Internetseite der „Landesstelle für Glückspielsucht in Bayern“: http://www.lsgbayern.de

 

Kinder-Coaching statt Psychotherapie ?

Am letzten Sonntag hat mich ein Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung geärgert  (S. 55, Nr. 14, 7.4.13): Am Beispiel eines Mädchens in einer schweren psychischen Krise wurde unkritisch und irreführend für Coaching von Kindern geworben.

Es wurde ein „total verschüchtertes“ Mädchen beschrieben, dass wegen Mobbing unter Angstzuständen litt, wohl traumatisiert war und die Schule wechseln musste. Weil sie mit einer Psychotherapeutin nicht zurecht kam, war sie mit ihrer Mutter zu einem Coach, einer ehemaligen Lehrerin, gegangen. Dort lernte sie mehr Selbstwahrnehmung, Selbstbewußtsein (?), machte Rollenspiele und NLP (eine Psychotherapie-Methode).

In dem Artikel wird die Mutter mit den Worten zitiert: „Aber eine Therapie hat gleich diesen Psycho-Touch.“ An einer anderen Stelle heißt es kritisch:“Und wo die Grenzen liegen zwischen kleinem Anschub und Optimierungszwang, dem sorglosen und dem makellosen Kind…“ Aber ganz gefährlich wird es bei der Formulierung: „Da es keine Qualifikationsnormen gebe, müssten sich die  Eltern wohl „auf ihr Bauchgefühl verlassen. “

Auch wenn wir das Kind nicht kennen, sind aber Zweifel angebracht, ob der weibliche Coach die richtige Hilfe oder Behandlung anbietet oder ob die Probleme durch diese Form der Beratung nur verschlimmert werden.

Zum grundsätzlichen Verhältnis von Coaching und Psychotherapie sind einige Ausführungen notwendig. Außerdem möchte ich auf das sehr fundierte Buch von Grimmer, B. und Neukom, M.: „Coaching und Psychotherapie“ (VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2009) hinweisen.

Im Coaching-Alltag wird von Coaches, Klienten oder Verantwortlichen in Personalabteilungen immer wieder darauf hingewiesen, dass eindeutig zwischen Coaching und Psychotherapie unterschieden werden könne. Doch so einfach ist es nicht.

Es gibt nämlich viele Gemeinsamkeiten bei den beiden Disziplinen: bei beiden Verfahren geht es um Menschen in Krisen. Auch beim Coaching werden Methoden aus der Psychotherapie verwandt, immer geht es um emotionale Konflikte mit Bezugspersonen.

Dabei liegt  der Schwerpunkt der Beratung (Coaching) auf Schwierigkeiten, Problemen und Konflikten von Menschen in ihrer beruflichen Rolle und Funktion, der Schwerpunkt der Psychotherapie liegt in individuellen, persönlichen Problemen und Konflikten (oft mit Bezugspersonen im privaten oder beruflichen Umfeld). Oft wirkt es so, als würden sich Coach und Psychotherapeut von verschiedenen Seiten den gleichen Problemen und Konflikten nähern.

Trotzdem wird in Firmen fast ausschließlich Coaching, ggf. Führungskräfte-Coaching empfohlen, selbst wenn dieses wegen etwaiger Leistungsdefizite von Mitarbeitern empfohlen wird. Individuelle Schwächen sind tabu und Psychotherapie ist mit psychischer Erkrankung assoziiert (s.o.), und es wird unterstellt, dass ein psychisch Kranker als Leistungsträger ausfällt.

Diese Stigmatisierung der Psychotherapie kann dazu führen, dass Coaching empfohlen wird, wo Therapie angezeigt ist, beschreibt B. West-Leuer in der Einleitung zum oben genannten Buch.

D.h. aber für die Entscheidung von Betroffenen, dass sie sich bei der Entscheidung zwischen Coaching und Psychotherapie gut beraten lassen. Ein Coach sollte das Therapieverfahren, dass er anwendet, gut gelernt haben.

Zu empfehlen ist unbedingt eine fundierte psychotherapeutische Ausbildung bei einem anerkannten Ausbildungsinstitut. Betroffene können sich ausserdem auf den Internetseiten der Coaching-Verbaände informieren, ob ein Coach die entsprechenden Qualitätskriterien erfüllt (z.B. Coaching-Report, DBVC).

Und in jedem Fall: holen Sie sich eine professionelle Zweitmeinung (z.B. in unserer Psychosomatischen Abteilung bei München) und verlassen Sie sich nicht auf Ihr Bauch-Gefühl.